Russen haben (k)eine Wahl: Putin will sich fünfte Amtszeit sichern
Moskau (Russland) - Nach mehr als zwei Jahren Krieg gegen die Ukraine hält Russland ab diesem Freitag drei Tage lang eine Präsidentenwahl ab, deren Sieger jetzt schon feststeht.
Kremlchef und Kriegsherr Wladimir Putin (71) wird sich aller Voraussicht nach ein Rekordergebnis bescheinigen lassen und so seine fünfte Amtszeit sichern.
Echte Oppositionspolitiker sind von der Wahl ausgeschlossen, ins Ausland geflohen, sitzen im Gefängnis - oder sind tot. Hinzu kommen laut Beobachtern Betrug und Manipulation.
Die Abstimmung ist so weit von demokratischen Standards entfernt, dass einige nur noch von "Scheinwahlen" sprechen.
Vom 15. bis zum 17. März sind insgesamt mehr als 112 Millionen Menschen zur Stimmabgabe aufgerufen - darunter 4,5 Millionen Menschen in den völkerrechtswidrig annektierten ukrainischen Gebieten Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson.
Hinzu kommen rund zwei Millionen Wahlberechtigte in anderen Ländern.
Echte Oppositionspolitiker haben laut Beobachtern keine Chance
Wie schon bei früheren Abstimmungen wird auch dieses Mal mit Betrug in großem Stil gerechnet - auch, weil es vor Ort keine Kontrolle durch unabhängige internationale Wahlbeobachter geben wird.
Als besonders anfällig für Manipulation gilt die Online-Stimmabgabe, weshalb Kremlkritiker den Russen davon abraten.
Vor allem aber verweisen Beobachter darauf, dass viele echte Oppositionspolitiker entweder ins Ausland geflohen oder in Russland festgenommen und zu teils drakonischen Haftstrafen verurteilt worden sind.
Für besonderes Entsetzen sorgte Mitte Februar zudem der Tod des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny (†47), der vor einigen Jahren selbst einmal Präsidentschaftskandidat werden wollte.
Die einzigen wirklich oppositionellen Bewerber Jekaterina Dunzowa und Boris Nadeschdin wurden von der Wahlkommission gar nicht erst als Kandidaten zugelassen.
In Russland zeigt sich eine zunehmende Kriegsmüdigkeit
Putin wird das hohe Wahlergebnis, das er sich produzieren lässt, sicherlich dazu nutzen, um die angeblich riesige Zustimmung für seinen brutalen Angriffskrieg zu unterstreichen.
Zugleich aber wird eine zunehmende Kriegsmüdigkeit sichtbar: Ehefrauen mobilisierter Männer protestieren seit Wochen immer wieder in der Nähe des Roten Platzes.
Genau deshalb habe der Kreml das Thema Krieg im Wahlkampf bewusst ausgeklammert, sagt Politikwissenschaftler Alexander Kynew: "Jedes Gespräch über den Krieg führt zu der Frage: Wann hört er auf? Die Staatsmacht hat darauf keine Antwort. Deshalb geht sie der Diskussion aus dem Weg."
Einige Politologen gehen davon aus, dass die Repressionen gegen Kritiker in Russland nach der Wahl noch zunehmen.
Der russische Politikwissenschaftler Andrej Kolesnikow sagt: "Dieses Regime wird sich zweifellos ausschließlich in eine schlechte Richtung entwickeln. Es wird keine Schwachstellen zulassen. Es wird sich nicht liberalisieren. Es wird sich nicht normalisieren. Und genau darin liegt die Gefahr."
Seiner Einschätzung nach ist Putins Russland mittlerweile mehr als nur ein autoritärer Staat: "Es gibt definitiv Elemente von Totalitarismus oder Neototalitarismus."
Titelfoto: Uncredited/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa