Kurz und knapp: Ist das Rätsel um die Nord-Stream-Sprengung gelöst?
Ostsee - Ist das Rätsel um die gesprengten Nord-Stream-Röhren gelöst? Unter Berufung auf geheimdienstliche Ermittlungen berichteten Medien am Dienstag, dass die Spur zu einer pro-ukrainischen Gruppe führen könnte. Während Kiew eine Beteiligung abstreitet, Moskau sich bestätigt fühlt und führende deutsche Politiker abwiegelten, rückt ein verdächtiges Schiff in den Fokus der Berichterstattung.
Aber der Reihe nach: Laut "ARD", "SWR", "Zeit" und "New York Times" haben die Ermittler nach wie vor keine Beweise dafür, wer die Zerstörung der Ostsee-Pipelines in Auftrag gab.
Sehr wohl machten sie aber ein Boot aus, dass möglicherweise für die Sabotageaktion verwendet wurde. Das sei auf eine Firma in Polen angemeldet gewesen, habe aber offensichtlich zwei Ukrainern gehört.
Ein Team aus einem Kapitän, zwei Tauchern, zwei Tauchassistenten und einer Ärztin hätte den Sprengstoff dann zum Ort des Geschehens geschafft, heißt es weiter. Welche Nationalitäten die Besatzungsmitglieder hatten, ist allerdings unklar. Sie hätten gefälschte Pässe verwendet.
"Die Identität der Täter und deren Tatmotive sind Gegenstand der laufenden Ermittlungen. Belastbare Aussagen hierzu, insbesondere zur Frage einer staatlichen Steuerung, können derzeit nicht getroffen werden", so die Bundesanwaltschaft.
Die teilte mit, dass deutsche Ermittler schon im Januar ein verdächtiges Schiff untersucht hätten. Aktuelle dauere die Auswertung der sichergestellten Spuren und Gegenstände an.
Nord-Stream-Explosionen: Täter gefunden oder eine Operation unter falscher Flagge?
Verständlich, dass Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (62, SPD) erst einmal auf die Bremse tritt. Es könne sich Experten zufolge auch um eine sogenannte "False-Flag-Operation" gehandelt haben, betonte er unter anderem im "Deutschlandfunk".
In diesem Falle hätten Täter also bewusst falsche Spuren gelegt. "Wir müssen jetzt mal abwarten, was sich davon wirklich bestätigt. Jetzt hypothetisch zu kommentieren, was wäre wenn, halte ich jetzt für nicht zielführend. Das muss geklärt werden."
Ähnlich äußerte sich Außenministerin Annalena Baerbock (42, Grüne). "Natürlich verfolgen wir alle Berichte und auch alle Erkenntnisse, die es von unterschiedlichen Akteuren gibt, ganz, ganz intensiv."
Nun müsse man die entsprechenden Behörden ihre Ermittlungen zu Ende führen lassen. Das sei nötig, damit "wir dann von Seite der Regierung aufgrund dieser Erkenntnisse dann auch Beurteilungen treffen können und nicht voreilig aus Berichten heraus Schlüsse für uns ziehen".
Das sagen die Ukraine und Russland
"Wir stehen nicht hinter dieser Tat", hieß es derweil von Verteidigungsminister Oleksij Resnikow (56) aus Kiew. Es gebe "keine Informationen über pro-ukrainische Sabotagegruppen", so Selenskyj-Berater Michailo Podoljak (51) weiter. Moskau reagierte mit Genugtuung und macht weiter den Westen für die Sabotage verantwortlich.
"Es ist klar, dass die Leute, die den Angriff orchestriert haben, eine Ablenkung schaffen wollen", so Kreml-Sprecher Dmitri Peskow (55) laut "RIA Nowosti". "Diese ganze Geschichte ist nicht nur seltsam. Sie riecht nach einem ungeheuerlichen Verbrechen" - und sei in diesem Falle "eine gut koordinierte Medienkampagne".
Titelfoto: Bildmontage: dpa/Swedish Coast Guard, 123RF/gorgev