Stadt hat gefährliches Problem: Skandal-Müllberg wächst immer weiter
Von Sönke Möhl
Norderstedt - Eine illegale Müllhalde aus Bau- und Gewerbeabfällen mit gefährlichen Asbestfasern mitten in einem Gewerbegebiet wird immer mehr zum Ärgernis in Norderstedt bei Hamburg.
In der Kommunalpolitik wächst derweil der Unmut und richtet sich hauptsächlich gegen das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) sowie das Umweltministerium.
Norderstedts Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder (SPD) sagt, der Stadt seien die Hände gebunden: "Wir sind nicht diejenigen, die das Recht haben zu handeln." Sie dürfe das Gelände nicht einmal betreten. Kritik am Umweltministerium kommt nicht von ihr. Aber: "Dass der Berg wegmuss, darüber sind wir uns einig."
Wie konnte es so weit kommen? Ein Containerdienst hatte die Genehmigung, auf einem Grundstück im Gewerbegebiet Friedrichsgabe bestimmte Abfälle zwischenzulagern und zu sortieren. Irgendwann in den vergangenen Jahren lief das dann jedoch aus dem Ruder.
Heute liegen vermutlich bis zu 30.000 Kubikmeter Abfall und Schutt auf dem Gelände - Kunststoffe, Mineralfasern, Gipsplatten und Dachpappen sind darunter. Was dort sonst noch lagert, kann niemand mit Gewissheit sagen. Ein Gutachten hat nach Angaben des LLUR zwar keine akute Beeinträchtigung des Grundwassers ergeben, aber es liegen gesundheitsgefährdende Fasern offen an der Oberfläche. Das Problem: Der Unternehmer ist verschwunden.
Die Stadtvertreter der Linken, Miro Berbig und Norbert Pranzas, wiesen im Frühjahr anhand von Drohnen-Luftaufnahmen nach, dass der Müllberg für weitere Ablagerungen von gefährlichen Stoffen genutzt wird.
Offenbar nutzen Menschen die sich ihnen bietende Möglichkeit illegaler Abfallentsorgung. So seien Kanister etwa mit der Warnung "Ätzende Stoffe" hinzugekommen.
Steuerzahler in der Pflicht?
Deutlicher wird der SPD-Fraktionschef in der Stadtvertretung, Nicolai Steinhau-Kühl. "Das LLUR hat versagt und die jetzige Situation erst möglich gemacht." Und es versage weiter auf Kosten der Anwohner und der Umwelt, "indem es weiter verzögert und nicht handelt".
Das LLUR will die Vorwürfe nicht auf sich sitzen lassen und legt eine lange Liste mit Maßnahmen vor. Seit 2007 habe es zahlreiche Ortsbegehungen, Kontrollen und Anordnungen einschließlich Zwangsgeld, zum Beispiel wegen überhöhter Lagermengen, gegeben.
Die Umweltorganisation BUND kritisiert unterdessen den Plan einer Teilräumung. Ein Teilabtrag würde weitere gefährliche Fasern offen legen und eine Umweltbelastung verursachen.
Denn Fasern und Asbest befinden sich "verteilt in, auf und neben der großen Halde der gemischten Bau- und Gewerbeabfälle", wie der BUND aus dem Gutachten im Auftrag des Ministeriums zitiert.
Für die komplette Räumung ist ein Betrag oberhalb von einer Million Euro im Gespräch. Und wer trägt die Kosten? Wenn der Verursacher nicht wieder auftaucht oder kein Geld hat, der Steuerzahler.
Titelfoto: Christian Charisius/dpa