Weltärztebund-Chef Montgomery fordert EU-weite Medikamentenreserve
Berlin - Angesichts des Mangels an einzelnen Arzneien fordert der Vorsitzende des Weltärztebunds, Frank Ulrich Montgomery (70), eine EU-weite Medikamentenreserve.
Seit mehr als zehn Jahren nähmen die Engpässe zu. "Der Grund sind falsch gesetzte wirtschaftliche Anreize bei der Pharmaindustrie", sagte er den Zeitungen der Funke-Gruppe (Montag).
"Bei Massenprodukten außerhalb des Patentschutzes werden die Margen als gering eingeschätzt, 'Big Pharma' hat kein Interesse mehr an diesen Medikamenten und schiebt die Produktion in Billiglohnländer wie China oder Indien ab. Brennt dort eine Fabrik ab, fehlt eine Grundsubstanz oder gibt es Qualitätsmängel - plötzlich fehlt ein Arzneimittel auf der ganzen Welt."
Eine EU-Reserve als "Verpflichtung für die Pharmaindustrie, überwacht und gemanagt von Staat und Ärzteschaft", lasse sich sofort schaffen, erklärte Montgomery.
Auch müsse die Politik mit passenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Produktionsstandorte zurück nach Europa holen. Lieferketten sollten mit mehreren Quellen für Medikamente gesetzlich abgesichert werden.
Versorgungsmangel mit Arzneien für Kinder
In der vergangenen Woche hatten Kinder- und Jugendärzte aus mehreren europäischen Ländern einen Brandbrief an ihre Gesundheitsminister verfasst und fehlende Kinderarzneimittel angeprangert.
Das Bundesgesundheitsministerium erklärte jüngst offiziell einen Versorgungsmangel mit Antibiotikasäften für Kinder - damit können die Importregeln gelockert werden.
Titelfoto: Guido Kirchner/dpa