EU-Parlament blockiert Ermittlungen gegen eigene Abgeordnete
Brüssel - Wenn das mal nicht einer gewissen Ironie entbehrt: Die Mitarbeiter des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) dürfen fast überall im Staatenbund ihrem Verdacht nachgehen. Mit einer Ausnahme: Das EU-Parlament ist für die Ermittler tabu. Das stößt dem deutschen Vize-Chef der Behörde sauer auf.
Andreas Schwarz regt sich über fehlende Zugriffsberechtigungen seiner Behörde auf. Er und seine 420 Kollegen haben ein breites Aufgaben- und Ermittlungsfeld zu bewältigen: von der Einhaltung der Russland-Sanktion, über den Missbrauch von Subventionen bis hin zur Fälschung von Dokumenten.
Doch zu einer entscheidenden EU-Institution haben die Betrugsermittler keinen Zugang.
Der Zeitung Welt sagte der promovierte Volkswirt: "Wir können Durchsuchungen vornehmen, Computerdaten auswerten und Zeugen befragen. Aber das EU-Parlament sperrt uns aus, wenn unsere Ermittlungen Abgeordnete betreffen." Zu den Büros würde ihnen der Zutritt versperrt, so Schwarz.
Das sei verwunderlich, schließlich dürfe OLAF auch gegen Beamte, Generaldirektoren und einzelne EU-Kommissare ermitteln.
Politische Immunität: Deshalb genießen EU-Abgeordnete Straffreiheit
Die Begründung des "Hohen Hauses": Politische Immunität. Die soll dafür sorgen, dass Mandatsträger im EU-Parlament ihre Aufgaben wahrnehmen können, ohne von außen eingeschüchtert zu werden.
Schwarz befürwortet das, fügt jedoch hinzu: "Es kann aber nicht darum gehen, alle Arten von Ermittlungen zu vermeiden. Das hat wenig mit dem ursprünglichen Sinn von Immunität zu tun."
Derzeit ermittle das EU-Parlament bei Straftaten und sonstigen Vergehen von Abgeordneten noch selbst, also intern.
Dieses Vorgehen habe allerdings nicht die Glaubwürdigkeit, die eine externe Ermittlungsstelle bei den Untersuchungen hätte, sagt Schwarz, der seit 1997 für europäische Institutionen arbeitet.
"Es ist im Interesse des Parlaments, uns hinzuzuziehen, wenn ein Verdacht von Fehlverhalten besteht." Es habe eine abschreckende Wirkung auf die Abgeordneten.
Erst im vergangenen Dezember hatte das EU-Parlament durch eine Korruptionsaffäre mehrerer hochrangiger Mitglieder rund um die Ex-Parlamentsvizepräsidentin Eva Kaili (44) für Aufregung gesorgt.
Sie und ihre Kollegen sollen von Katar und Marokko mit hohen Geldsummen und Geschenken bestochen worden sein.
Titelfoto: Montage: Philipp von Ditfurth/dpa, EU-Kommission