EU-Beamte gönnen sich mitten in der Krise mehr Gehalt
Brüssel - Während Millionen Menschen in Deutschland und der Europäischen Union den Gürtel enger schnallen müssen und zum Sparen aufgefordert werden, können sich rund 60.000 EU-Beamte auf mehr Gehalt freuen.
Eine automatische Lohnerhöhung oder wenigstens ein Inflationsausgleich? Für viele Arbeitnehmer ist das vor allem Wunschdenken. Ausgenommen davon: ALLE EU-Beamten und Mitarbeiter.
Laut einem Bericht der Bild gibt es für sie spätestens zum Jahreswechsel 2022/23 ein Gehaltsplus von rund 8,5 Prozent - und das federt die aktuelle mega Inflation vollständig ab! Wie ist das möglich?
Schon seit 2013 werden die Bezüge in Brüssel jährlich automatisch "aktualisiert". Das bedeutet, dass dort die Lohnentwicklung an die Inflation gekoppelt ist! Die EU-Abgeordneten und -Beamten haben damit also kaum oder keine Gehaltseinbußen.
Als Grundlage dienen laut dem Handelsblatt die Inflationsraten in Belgien (Juni: 9,6 Prozent) und Luxemburg (8,5 Prozent). Wie hoch die Anpassung in Brüssel am Ende tatsächlich ist, darüber werde derzeit noch gestritten.
Doch wie sieht das Ganze nun konkret aus? Dazu ein Beispiel: Als EU-Direktor (Besoldungsstufe AD14) bekam man bisher monatlich 15.590 Euro. Dieses Gehalt dürfte mit der "Aktualisierung" auf rund 16.890 Euro steigen. Macht unterm Strich ein Plus von 1300 Euro. Jeden Monat, wohlgemerkt.
"Schamlose Selbstbedienung"
Das niedrigste Grundgehalt eines EU-Beamten liegt bei derzeit rund 3060 Euro, das höchste bei etwa 21.160 Euro im Monat. Das geht aus einem weiteren Bericht der Bild hervor. Obendrauf gibt es Zulagen und Vergünstigungen. Als EU-Kommissar kassiert man schon deutlich mehr: Das monatliche Grundgehalt beträgt rund 23.800 Euro.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (63, CDU) bringt es auf monatlich 29.205 Euro, mit den Zulagen sogar auf insgesamt rund 34.000 Euro. Die Diäten der EU-Abgeordneten liegen bei rund 9166 Euro. Alles bezahlt von den EU-Steuerzahlern!
Erst Mitte Dezember vergangenen Jahres war bekannt geworden, dass die Gehälter der EU-Beamten rückwirkend zum 1. Juli 2021 um 1,9 Prozent steigen - und das mitten in der Corona-Krise!
Michael Jäger, Generalsekretär des Europäischen Steuerzahlerbundes, kritisierte, dass es sich dabei um "eine schamlose Selbstbedienung der öffentlichen Hand" handle.
Während die politische Führung der EU auch damals schon Einsparungen von den Bürgern verlangte, ging sie selbst nicht mit gutem Beispiel voran. "Das zeigt, wie weit sich Europa von den Menschen entfernt hat", sagte Jäger.
Übrigens sanken laut dem Statistischen Bundesamt die Löhne in Deutschland zwischen Januar und März um rund 1,8 Prozent. Automatischer Inflationsausgleich? Fehlanzeige!
Titelfoto: Kenzo Tribouillard/Pool AFP/AP/dpa