Mitten im Wahlkampf: AfD-Kandidat Gauland trauert um Ehefrau
Chemnitz - Der prominenteste und zugleich umstrittenste Kandidat im Wahlkreis Chemnitz ist Alexander Gauland (83, AfD). Der promovierte Jurist wurde auf eigenen Wunsch für seine Geburtsstadt nominiert. TAG24 hat mit ihm telefoniert, da er nach dem Tod seiner Frau alle Termine in Chemnitz abgesagt hatte.

"Wenn wir uns in Chemnitz zum Gespräch verabredet hätten, hätte ich mir sicher das Ballhaus Hilbersdorf ausgesucht", erzählt Gauland. "Dort habe ich als 18-jähriger Mann meine Tanzstunde gemacht. Allerdings war ich nicht so der Liebling der Damen."
In der AfD ist Gauland, der am Donnerstag 84 wird, von Anfang an dabei. Bereut habe er den Wechsel von der CDU nie:
"Die Union hat sich unter Angela Merkel in einer Weise verändert, dass das nicht mehr meine Partei war. Bei einem ihrer Wahlsiege hatte sie mir ein Deutschland-Fähnchen aus der Hand gerissen und in die Ecke geworfen. Ich weiß nicht, wofür die Partei überhaupt noch steht."
Eigentlich wollte der AfD-Politiker, der durch abwertende Äußerungen über Nationalspieler Jérôme Boateng (36) 2016 oder die "Vogelschiss"-Rede 2018 für Kontroversen gesorgt hatte, nicht noch einmal für den Bundestag antreten.
"Ich hörte aber, dass es für Chemnitz keinen Kandidaten gab. Aus guter Erinnerung an meine Heimatstadt und glückliche Jugendzeit habe ich Kontakt mit dem Kreisverband aufgenommen, da war man sehr angetan."

Gauland über die familiäre Ablehnung: "Ich muss damit leben, dass der weitere Teil meiner Familie die AfD nicht schätzt"

Seine Ziele für Chemnitz? "Es gibt immer noch keine ICE-Anbindung nach Berlin. Die Anbindung ans Fernnetz der Bahn war schon zu DDR-Zeiten schwierig, da muss sich was ändern."
Alexander Gauland, der privat gern reist und Bücher von Fontane oder österreichischen Schriftstellern liest, musste für seine politischen Einstellungen familiäre Ablehnung in Kauf nehmen.
"Ich muss damit leben, dass der weitere Teil meiner Familie die AfD nicht schätzt. Auch meine verstorbene Frau hatte Einwendungen dagegen, doch die persönliche Liebe hat das nicht berührt. Auch bei meiner Tochter nicht, die evangelische Pfarrerin ist."
Gebürtiger Kaßberger

Alexander Gauland wurde am 20. Februar 1941 auf dem Chemnitzer Kaßberg geboren. Nach dem Abitur flüchtete er im Alter von 19 Jahren in die Bundesrepublik, da er keinen Studienplatz bekam.
Ab 1960 studierte Gauland in Marburg und Gießen Geschichte, Politik- und Rechtswissenschaften. 1970 promovierte er und trat 1973 in die CDU ein.
1987 wurde Gauland Chef der hessischen Staatskanzlei unter Ministerpräsident Walter Wallmann (†81). 2013 war er Gründungsmitglied der AfD und zog 2017 erstmals in den Bundestag ein.
Alexander Gauland lebt in Frankfurt/Main und Potsdam und hat eine Tochter (41). Seine Ehefrau verstarb vor zwei Wochen.
Titelfoto: Bildmontage: Carsten Koall, Maik Börner