Kurz und knackig erklärt: Das Wahlprogramm der Freien Wähler

Ganderkesee/Berlin - Am 26. September wird der neue Bundestag gewählt. Doch nach wie vor sind viele Menschen unsicher, welcher Partei sie ihre Stimme anvertrauen sollen. Unser neues Politik-Special BundesTAG24 hilft Euch bei der Entscheidungsfindung. Heute werfen wir einen Blick auf das Wahlprogramm der Freien Wähler.

Chef der Freien Wähler und bereits stellvertretender Ministerpräsident in Bayern: Hubert Aiwanger (50) will in den Bundestag.
Chef der Freien Wähler und bereits stellvertretender Ministerpräsident in Bayern: Hubert Aiwanger (50) will in den Bundestag.  © Eric Münch

Das Wahlprogramm der Freien Wähler trägt den Titel "Stabilität, Sicherheit, Freiheit: Die Kraft der Mitte".

Insgesamt zählt es 128 Seiten und ist somit deutlich länger als das vorherige aus dem Jahr 2017 (84 Seiten).

Im Folgenden sehen wir uns die wichtigsten Punkte genauer an:

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1. Gesellschaft

Die Renten sollen nicht mehr gekürzt, eher aufgestockt werden. Zudem wollen die Freien Wähler die Besteuerung von Renten senken.

Der Mindestlohn soll angehoben werden. Das Grundeinkommen wird jedoch abgelehnt, solange keine Studienergebnisse vorliegen.

Die Digitalisierung an Schulen soll vorangetrieben werden. BAföG soll unbürokratisch und elternunabhängig berechnet sowie mehr Stipendien ermöglicht werden.

Mindestlohn soll aufgestockt, Kontrollen aber zurückgefahren werden

Mehr Personal für die Pflege: Das wünschen sich die Freien Wähler. (Symbolbild)
Mehr Personal für die Pflege: Das wünschen sich die Freien Wähler. (Symbolbild)  © dpa/Holger Hollemann

2. Wirtschaft

Der Lohnunterschied zwischen Mann und Frau soll ausgeglichen werden. Unternehmen sollen auch auf dem Land angesiedelt werden und umweltverträglicher funktionieren.

Arbeitsplätze für Hochqualifizierte sollen geschaffen, ausländische Arbeitnehmer angestellt und deutsches Fachpersonal ausgebildet werden. Zudem soll die Ausbildung in traditionellen Handwerksberufen gefördert werden.

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Abbau der Bürokratie durch Reduzierung von Statistik-, Aufzeichnungs-, Dokumentations- und Meldepflichten. Insbesondere sollen die Dokumentationspflichten zur Kontrolle des Mindestlohns zurückgefahren werden. Deutschland soll ein "Start-up-Land" werden.

3. Gesundheit

Die medizinische Versorgung soll überall gleichermaßen gegeben sein, das Ungleichgewicht zwischen Stadt und Land behoben werden. Pflege auf dem Land soll leichter ermöglicht werden.

Ausbau von Wohnräumen für Ältere sollen vorangetrieben werden (etwa generationsübergreifende Wohnungen und WGs für Menschen mit Demenz). Die Freien Wähler wollen zudem die Bezuschussung von Umbaumaßnahmen für Mehrgenerationen-Familien-Wohnungen ermöglichen.

Bundesweit soll mehr Personal in der Pflege zum Einsatz kommen. Eine leistungsgerechte Entlohnung und bessere Arbeitsbedingungen sowie weniger Bürokratie und Steuerfreibeträge für Azubis in Pflegeberufen sollen ermöglicht werden.

Erhalt und Ausbau kommunaler Krankenhäuser soll umgesetzt werden. Dennoch soll auch die vielfältige Trägerschaft beibehalten werden, aber keine Gewinnmaximierung auf Kosten der Patienten stattfinden.

Regelungen zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen sollen beibehalten werden, werdende Mütter und Paare sollen sich aber verstärkt für Kinder entscheiden.

Zudem sollen die Gesundheitsfonds der Krankenkassen neu geregelt, mehr Arzneimittel in Deutschland produziert und die Sterbehilfe in Deutschland ermöglicht werden.

Kein generelles Tempolimit auf Autobahnen, besseres Schienennetz

Die Freien Wähler sind gegen ein generelles Tempolimit auf der Autobahn. (Symbolbild)
Die Freien Wähler sind gegen ein generelles Tempolimit auf der Autobahn. (Symbolbild)  © dpa/Jens Büttner

4. Flüchtlinge

Die Freien Wähler schreiben im Programm: "Die Flüchtlingspolitik der Großen Koalition war ein Fehler."

Verfolgte und Bürgerkriegsflüchtlinge sollen Schutz genießen, bis die Lage in ihrer Heimat die Rückkehr zulässt. Abgelehnte Asylbewerber sollen schneller zurückgeführt werden.

Wenn es nach den Freien Wählern ginge, soll die UN "Schutzzonen" in "sicheren Landstrichen" erschaffen und so bereits der Abwanderung nach Deutschland vorbeugen.

5. Umweltschutz & Nachhaltigkeit

Umweltschutz spielt eine große Rolle im Programm der Partei. So sollen etwa Regenbecken erbaut werden, um Überschwemmungen zu verhindern und Trinkwasser einzusparen. Landwirtschaftsflächen und Wälder sollen geschützt werden.

Um die Recyclingquote zu erhöhen, sollen Angaben zur Recyclingfähigkeit und dem -anteil eines Produkts direkt darauf angegeben werden. Die Verwendung von Plastik soll vermehrt verboten und dafür Alternativen geschaffen werden.

Das Mindesthaltbarkeitsdatum soll umbenannt werden, damit Lebensmittel nicht zu früh entsorgt werden. Nutzung von Wasserstoff soll vorangetrieben werden. Das System Fotovoltaik sei gut, Windkraft an Land habe sich hingegen nicht bewährt. Die Förderung erneuerbarer Energien soll erhalten werden.

Treibstoffe sollen nachhaltig erzeugt werden. Der Güterverkehr soll künftig von der Straße auf die Schiene und Schiffe verlagert werden. Während das Schienennetz zwischen den europäischen Hauptstädten ausgebaut werden soll, wird ein generelles Tempolimit auf Autobahnen abgelehnt.

Der Atomausstieg soll umgesetzt werden, der Atommüll rückholbar sein. Import von Frackinggas wird abgelehnt.

Datenschutz soll erhöht werden, schnelles Internet für alle

Keine Wehrpflicht, aber ein Gesellschaftsjahr, welches unter anderem bei der Bundeswehr absolviert werden kann, will die Partei einführen. (Symbolbild)
Keine Wehrpflicht, aber ein Gesellschaftsjahr, welches unter anderem bei der Bundeswehr absolviert werden kann, will die Partei einführen. (Symbolbild)  © dpa/Daniel Reinhardt

6. Sicherheit

Es sollen keine Waffen mehr in nicht freiheitliche oder instabile Staaten exportiert werden. Die Rüstungsdeals sollen künftig im Bundestag beschlossen werden, nicht hinter verschlossenen Türen des Bundessicherheitsrates.

Die Partei will zudem mehr Polizeipräsenz sowie Spezialisten und Investitionen, um Cyberkriminalität zu verfolgen.

Europäische Außengrenzen sollen gemeinschaftlich geschützt werden, nicht von den einzelnen Staaten. Auch soll eine europäische Armee aufgebaut werden, die dem Europäischen Parlament untersteht.

Eingeführt werden soll ein Gesellschaftsjahr: Junge Erwachsene haben dann die Wahl zwischen Wehrdienst, Zivildienst und der Mitarbeit bei Blaulichtorganisationen.

7. Kommunikation & Internet

Datenschutz soll erhöht werden. Uploadfilter werden abgelehnt. Illegale Handlungen im Internet sollen intensiver verfolgt werden.

Die Vorratsdatenspeicherung sei notwendig, aber der umfassende Zugriff soll streng kontrolliert werden.

Elektronische Antragstellung bei Behörden, digitale Verwaltung, Internet der Dinge soll vorangetrieben werden. Jeder Haushalt soll bis 2030 einen Glasfaseranschluss erhalten, Unternehmen bis Ende 2024 einen Gigabit-Breitbandanschluss.

8. Finanzpolitik

Jedes EU-Land soll Schulden selbst abzahlen und Deutschland nicht mehr für andere Staaten einspringen.

Steuern und Sozialabgaben sollen für Arbeitnehmer gesenkt, der Solidaritätszuschlag sofort und vollständig abgeschafft werden. Die Mehrwertsteuer wollen die Freien Wähler senken.

Politiker sollen unabhängig sein und aus diesem Grund keine nebenberuflichen Einkünfte erzielen bzw. Tätigkeiten in Aufsichtsräten oder ähnlichen Funktionen nachgehen.

Mehr Geld für Familien, mehr Beteiligung der Bürger

Die Freien Wähler wollen mehr Volksentscheide - auch auf Bundesebene - ermöglichen. (Symbolbild)
Die Freien Wähler wollen mehr Volksentscheide - auch auf Bundesebene - ermöglichen. (Symbolbild)  © dpa/Christophe Gateau

9. Außenpolitik

Die Freien Wähler streben eine gemeinsame Verteidigungspolitik mit Großbritannien an und wollen den EU-Beitritt der Türkei verhindern. Indes soll der Dialog mit Russland fortgeführt werden, um wirtschaftliche Schäden zu minimieren.

Strategische Rohstoffpartnerschaften sollen vorangetrieben werden, vor allem bei Wasserstoff, seltenen Erden und Industriemetallen.

Krisenregionen wollen die Freien Wähler stabilisieren, ohne sie dazu zu zwingen, "unser demokratisches System zu kopieren".

10. Familie & Partnerschaft

"Unter Familie verstehen wir jede Einheit von zwei (hetero- oder homosexuellen) Partner*innen oder von Alleinerziehenden mit Kindern", so die Partei in ihrem Programm zur diesjährigen Bundestagswahl.

Jedes Kind soll verpflichtend ein Jahr vor der Schuleinführung in die Kita gehen. Dieses soll kostenfrei werden. Die "Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist erklärtes politisches Ziel".

Steuerliche Begünstigungen von Familien durch neue Steuerklasse und Aufstockung der Freibeträge.

Eltern sollen keine Nachteile bei der Rentenberechnung erleiden, wenn sie sich um Kinder kümmern. Zudem soll der Wiedereinstieg in den Beruf erleichtert werden.

11. Demokratie

Von den Freien Wählern werden mehr Bürgerräte, Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide auf Bundesebene gefordert. Auch internationale Politik dürfe nicht allein Angelegenheit der Regierung sein.

Je neuem Gesetz soll ein bestehendes, überholtes Gesetz außer Kraft treten. Das Wahlalter für Kommunalwahlen soll auf 16 Jahre gesenkt werden. Ein Lobbyregister auf Bundesebene soll eingeführt werden.

Nein zum Mietendeckel und Wolf

Wölfe sollen auch gezielt abgeschossen werden dürfen, wenn es nach den Freien Wählern geht. (Symbolbild)
Wölfe sollen auch gezielt abgeschossen werden dürfen, wenn es nach den Freien Wählern geht. (Symbolbild)  © dpa/Armin Weigel

12. Region & Heimat

Die lokale Wirtschaft soll gestärkt werden. Bauernhofsterben soll verhindert, die Vielfalt der Landwirtschaft und bestehenden Kulturlandschaft erhalten werden. Wälder und Fischbestände mögen nachhaltig bewirtschaftet werden.

Hormonbehandeltes Rindfleisch und andere risikobehaftete Produkte sollen vom deutschen Markt ferngehalten werden. Die Partei ist gegen den Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft und das Klonen von Tieren. Aber es müsse weiter dazu geforscht werden.

Es soll eine Förderung geben, um mit Bier, Wein, Käse und Spirituosen international gute Preise zu erzielen.

Wölfe sollen aus besiedelten Gebieten vertrieben, kontrolliert und abgewehrt werden, inklusive dem gezielten Abschuss auffälliger Tiere. Schäden durch Wölfe sollen vom Staat kompensiert werden. Der Handel von Hybriden (Wolfs-Hund-Mischlinge) soll verboten werden.

Es soll keinen Mietendeckel geben, dafür eine "clevere Wohnungsbauoffensive".

13. Drogen

Legalisierung weiterer Drogen wie zum Beispiel Cannabis könne nur erfolgen, wenn neue Suchtprävention und -behandlung sowie weitere Zusatzmaßnahmen erfolgt sind.

Verkauf lediglich über speziell zugelassene Geschäfte.

Noch mehr über die Freien Wähler erfahrt Ihr im großen TAG24-Interview mit dem Parteichef Hubert Aiwanger (50).

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Titelfoto: Eric Münch

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