Bundestagswahl: Söders Appell an eine Regierung - "Letzte Patrone der Demokratie"

Berlin - Machtwechsel in Deutschland: Die Union (28,5 Prozent) hat die Bundestagswahl klar gewonnen und dürfte mit Friedrich Merz den nächsten Kanzler stellen.

CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (69) hat nach dem Wahlsieg Grund zur Freude. Doch mit wem wird er koalieren?
CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (69) hat nach dem Wahlsieg Grund zur Freude. Doch mit wem wird er koalieren?  © Michael Kappeler/dpa

Nach dem vorläufigen Ergebnis kommt die AfD (20,8) auf Platz zwei. Dahinter folgen die SPD (16,4), die auf ein historisches Tief abstürzt, sowie die Grünen (11,6).

Die Linke (8,8) ist überraschend stark im Bundestag vertreten. BSW (4,97) und FDP (4,3) scheitern dagegen an der Fünf-Prozent-Hürde und verpassen den Einzug ins Parlament.

Nun läuft alles auf ein Bündnis aus Union und SPD hinaus, denn eine schwarz-grüne Koalition hat keine Mehrheit der Mandate. Ein Zusammengehen mit der in Teilen als rechtsextremistisch eingestuften AfD, die sich auf 20,8 Prozent verdoppelte (10,4 Prozent), hat CDU-Chef Merz ausgeschlossen.

Bundestagswahl: In diesen Chemnitzer Stadtteilen holte die AfD die meisten Stimmen
Bundestagswahl 2025 Bundestagswahl: In diesen Chemnitzer Stadtteilen holte die AfD die meisten Stimmen

Einen Überblick über die einzelnen Ergebnisse findet Ihr im Artikel: "Bundestagswahl 2025: Das sind die Ergebnisse".

Alles zur Bundestagswahl findet Ihr hier im TAG24-Ticker.

24. Februar, 13.24 Uhr: Markus Söder appelliert an Union und SPD

Chef Markus Söder (58, CSU) sieht Union und SPD in einer gemeinsamen Verantwortung, in einer künftigen Regierungskoalition ein weiteres Erstarken extremer Kräfte zu verhindern.

"Dies ist tatsächlich die letzte Patrone der Demokratie", sagte Söder nach einer CSU-Vorstandssitzung in München. Wenn es nicht gelinge, einen Richtungswechsel zu organisieren, dann werde Deutschland weiter nach rechts außen schlingern, warnte er.

Söder mahnte, es brauche nun eine Koalition der Vernunft und der Bodenständigkeit. Es brauche jetzt vor allem einen grundlegenden Richtungswechsel im Land. "Ich glaube, dass mit der SPD ein solcher Richtungswechsel organisierbar ist."

Als zentrales Thema nannte Söder die Begrenzung der Migration. Das sei ein gemeinsamer Auftrag. "Ich glaube, dass das möglich ist."

CSU-Chef Markus Söder (58, CSU) fordert einen Richtungswechsel, damit sich Deutschland nicht nach rechts bewegt.
CSU-Chef Markus Söder (58, CSU) fordert einen Richtungswechsel, damit sich Deutschland nicht nach rechts bewegt.  © Stefanie Loos/AFP Pool/dpa

24. Februar, 12.14 Uhr: Jeder Siebte hat eine Partei gewählt, die nicht im Bundestag sitzt

Etwas mehr als jede siebte Stimme ging bei der Bundestagswahl an eine Partei, die nicht im nächsten Bundestag vertreten sein wird.

Nach dem Ergebnis der Auszählung aller Wahlkreise wählten etwa 13,9 Prozent eine an der Fünf-Prozent-Hürde gescheiterte Partei. Das entspricht rund 6,9 Millionen Stimmen - wobei etwas mehr als 76.000 davon dem SSW über eine Ausnahmeregelung zu einem Mandat im Bundestag verholfen haben.

Nicht nur die FDP (4,3 Prozent) und das BSW (4,972 Prozent) scheiterten trotz ihrer insgesamt mehr als 4,6 Millionen Wähler an der Sperrklausel, die das deutsche Parlament vor totaler Parteizersplitterung und Weimarer Verhältnissen schützen soll. Die meisten der 21 Parteien, die an der Bundestagswahl teilgenommen hatten, darunter etwa Volt und die Tierschutzpartei, erreichen nicht die notwendige Anzahl an Stimmen.

Die wenigsten Stimmen von allen erhielt die Partei für Verjüngungsforschung mit nur 304 in ganz Deutschland.

Rund 13,9 Prozent der am Sonntag abgegebenen Stimmen gehen förmlich ins nichts, weil die gewählten Parteien an der Sperrklausel (5 Prozent) scheitern und somit nicht ins Parlament einziehen.
Rund 13,9 Prozent der am Sonntag abgegebenen Stimmen gehen förmlich ins nichts, weil die gewählten Parteien an der Sperrklausel (5 Prozent) scheitern und somit nicht ins Parlament einziehen.  © Michael Kappeler/dpa

24. Februar, 11.13 Uhr: Habeck strebt keine Führungsrolle bei den Grünen mehr an

Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck (55) will keine wichtige Funktion in seiner Partei mehr ausfüllen.

"Ich werde keine führende Rolle in den Personaltableaus der Grünen mehr beanspruchen oder anstreben", sagte er in Berlin. Seine Partei ist bei der Bundestagswahl auf 11,6 Prozent abgesackt, nach 14,7 Prozent bei der letzten Bundestagswahl.

"Es war ein großartiger Wahlkampf", sagte Habeck. Aber auch: "Es ist kein gutes Ergebnis, ich wollte mehr, und wir wollten mehr." Im Wahlkampf habe sich enorm viel "verschoben", sagte Habeck.

Es sei erschreckend, dass die AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel im Wahlkampf über "Remigration" habe sprechen können, so als sei dies ein ganz normaler Begriff. Das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz der Union "behandelt Menschen als Naturkatastrophen". All dies seien gefährliche Tendenzen.

Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck (55) möchte bei den Grünen keine Führungsrolle mehr einnehmen.
Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck (55) möchte bei den Grünen keine Führungsrolle mehr einnehmen.  © Sören Stache/dpa

24. Februar, 10.55 Uhr: Kubicki denkt über Kandidatur für FDP-Vorsitz nach

Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki bringt sich als möglicher Nachfolger von Christian Lindner an der Spitze der Liberalen ins Spiel.

"Ich bin heute Nacht von so vielen Menschen aus der Partei und von Unterstützern gebeten worden, die Führung der Partei zu übernehmen, dass ich ernsthaft darüber nachdenke, im Mai zu kandidieren, um die Partei zusammenzuhalten und neu zu motivieren", schrieb Kubicki auf der Kurznachrichtenplattform X.

Kubicki änderte damit seine Meinung. Er hatte noch am Vortag seinen Rückzug aus der Politik im Falle eines Scheiterns der FDP an der Fünf-Prozent-Hürde angekündigt. "Ja, dann ist für mich politisch Schluss, denn ich werde in der nächsten Woche 73 Jahre alt", sagte Kubicki dem "Flensburger Tageblatt".

FDP-Politiker Wolfgang Kubicki (72) bringt sich als möglicher Nachfolger von Christian Lindner an der Spitze der Liberalen ins Spiel.
FDP-Politiker Wolfgang Kubicki (72) bringt sich als möglicher Nachfolger von Christian Lindner an der Spitze der Liberalen ins Spiel.  © Felix Müschen/dpa

24. Februar, 10.45 Uhr: BSW prüft rechtliche Schritte gegen Wahlergebnis

Das Bündnis Sahra Wagenknecht erwägt, das Ergebnis der Bundestagswahl juristisch überprüfen zu lassen. Dies kündigten die Parteivorsitzenden Sahra Wagenknecht und Amira Mohamed Ali in Berlin an. Wagenknecht bezog dies auf 230.000 registrierte deutsche Wahlberechtigte im Ausland.

Wegen der kurzen Fristen vor der vorgezogenen Wahl hätten viele ihre Stimme nicht abgeben können, sagte die BSW-Gründerin. Angesichts des sehr knappen Wahlergebnisses, bei dem dem BSW rund 13.400 Stimmen zum Einzug in den Bundestag gefehlt hätten, "stellt sich schon die Frage nach dem rechtlichen Bestand des Wahlergebnisses", sagte Wagenknecht.

Die Co-Vorsitzende Mohamed Ali sagte: "Wir werden die Sache jetzt juristisch überprüfen lassen."

24. Februar, 10.21 Uhr: Grünen-Parteichefs wollen weitermachen

Nach dem enttäuschenden Ergebnis der Grünen bei der Bundestagswahl wollen die beiden Parteichefs Felix Banaszak und Franziska Brantner im Amt bleiben.

"Wir sind im November 2024 gewählt und haben vor, das Amt jetzt auch in dieser Situation weiter auszuüben", sagte Banaszak auf eine entsprechende Frage. Die Grünen haben 11,6 Prozent der Stimmen bei der Wahl erhalten, 2021 waren es noch 14,7 Prozent gewesen.

Banaszak räumte ein, dass die Grünen mehr erwartet hatten. Aber: "Wenn man noch mal ein bisschen zurückblickt, wir kommen aus der unbeliebtesten Regierung, die dieses Land jemals hatte. Und ohne das eigene Ergebnis relativieren zu wollen, sieht man, dass auch unsere Koalitionspartner davon ein bisschen was mitgenommen haben."

24. Februar, 10.14 Uhr: Weidel und Chrupalla streben gemeinsamen Fraktionsvorsitz an

Alice Weidel und Tino Chrupalla wollen beide erneut für den AfD-Fraktionsvorsitz kandidieren. Weidel sagte, sie und Chrupalla wollten sich beide darum bewerben.

Die Doppelspitze in Partei und Fraktion habe sich bewährt.

24. Februar, 10 Uhr: Linken-Chef - Werden uns bald nicht mehr an BSW erinnern

Linken-Chef und -Spitzenkandidat Jan van Aken hält das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) nur für eine Übergangserscheinung.

Van Aken sagte im ARD-Morgenmagazin: "Ich glaube ja, das wird ein Phänomen wie die Piratenpartei. Die werden wir in zwei, drei Jahren gar nicht mehr erinnern, aber das müssen wir mal abwarten."

Das BSW hat nach dem vorläufigen Ergebnis den Einzug in den Bundestag nur knapp verpasst. Im Gegensatz zu den stark abschneidenden Linken gilt das Bündnis als einer der Verlierer des Wahlabends.

Schadenfreude empfinde er deshalb aber nicht, sagte der Linken-Chef. Auf die Frage, ob die Partei das BSW wieder absorbieren könne, entgegnete er: "Das schauen wir mal. Da haben wir noch gar nicht darüber nachgedacht."

Ines Schwerdtner (36, l.), Heidi Reichinnek (36) und Jan van Aken (63) jubeln bei der Wahlparty der Linkspartei.
Ines Schwerdtner (36, l.), Heidi Reichinnek (36) und Jan van Aken (63) jubeln bei der Wahlparty der Linkspartei.  © Carsten Koall/dpa

24. Februar, 9.10 Uhr: SPD-Generalsekretär erwartet schwierige Verhandlungen mit der Union

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch erwartet schwierige Verhandlungen mit der Union über die Bildung einer neuen Bundesregierung. Er kündigte eine Mitgliederentscheidung der SPD an.

Miersch sagte im ARD-Morgenmagazin: "Es gibt keinen Automatismus, aber die demokratische Mitte muss natürlich versuchen, in diesen Zeiten auch zusammenzuarbeiten."

Die SPD werde sehen, wie Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz sich jetzt verhalte in den Gesprächen. "Dann werden wir das davon abhängig machen, ob es tatsächlich zusammengeht, ja oder nein. Am Ende, das steht fest, steht eine Mitgliederentscheidung der SPD."

24. Februar, 8.36 Uhr: Chrupalla - "Ostdeutsche wollen keine Brandmauer mehr"

AfD-Chef Tino Chrupalla hat die Ergebnisse seiner Partei als "sensationell" bezeichnet und geht in Ostdeutschland von einer baldigen Regierungsbeteiligung aus. "Die Ostdeutschen haben ganz klar gesagt, sie wollen keine Brandmauer mehr", sagte der AfD-Bundessprecher im RBB-Inforadio.

Die CDU habe mit dem Ergebnis der Bundestagswahl größere Probleme als seine Partei. Die AfD bleibe geduldig. "Da muss man ein bisschen Mut zur Gelassenheit haben. Das haben wir", so Chrupalla.

Die AfD werde sich programmatisch weiterentwickeln und professionalisieren. "Und dann werden wir bei der nächsten Wahl noch mal fünf bis sechs Prozent mehr bekommen", so Chrupalla.

Im ARD-Morgenmagazin sagte Chrupalla mit Blick auf die Abgrenzung der Union von seiner Partei: "Wer Brandmauern errichtet, wird dahinter selbst gegrillt, das wird Herr Merz schon noch erleben."

Tino Chrupalla (49) freut sich über das starke Wahlergebnis der AfD.
Tino Chrupalla (49) freut sich über das starke Wahlergebnis der AfD.  © Jürgen Lösel/dpa

24. Februar, 7.48 Uhr: Gespräche über Koalition können laut Spahn sehr schnell losgehen

Die Union will bei der Bildung einer neuen Regierung Tempo machen.

Unions-Fraktionsvize Jens Spahn sagte im ARD-"Morgenmagazin": "Aus unserer Sicht kann es sehr, sehr schnell losgehen. Noch in dieser Woche, in den nächsten Tagen sollten sicher die ersten Gespräche geführt werden." Spahn verwies auf die Weltlage und den Ukraine-Konflikt. "Da braucht es deutsche Führung in Europa."

Die Union hat die Wahl klar gewonnen. Am wahrscheinlichsten ist nun eine Koalition mit der SPD.

Unions-Fraktionsvize Jens Spahn (44) will möglichst schnell Gespräche zur Koalitionsbildung aufnehmen.
Unions-Fraktionsvize Jens Spahn (44) will möglichst schnell Gespräche zur Koalitionsbildung aufnehmen.  © Michael Kappeler/dpa

24. Februar, 7.41 Uhr: Glückwünsche aus dem Ausland für Union und AfD

US-Präsident Donald Trump zeigte sich erfreut über das Ergebnis. "Es sieht so aus, als hätte die konservative Partei in Deutschland die mit Spannung erwartete Wahl gewonnen", schrieb Trump auf seinem Online-Sprachrohr Truth Social in Großbuchstaben.

Ähnlich wie in den USA hätten die Menschen in Deutschland genug von der "Agenda ohne gesunden Menschenverstand" - vor allem in den Bereichen Energie und Einwanderung, so der Republikaner. Es sei ein "großartiger Tag für Deutschland und für die Vereinigten Staaten".

Aus dem Nachbarland Österreich gratulierte der Chef der rechtspopulistischen FPÖ, Herbert Kickl, der AfD zum Wahlergebnis. "In der Brandmauer der Einheitsparteien, die in Wahrheit eine Angstmauer vor dem Willen der Bevölkerung und vor demokratischer Veränderung ist, klafft seit heute ein riesiges Loch", erklärte er.

Glückwünsche erhielt die AfD auch von dem prominenten französischen Rechtsextremen Éric Zemmour. "Was für ein schöner Wahlerfolg!", schrieb Zemmour auf der Plattform X. Er selbst sei in Berlin "an der Seite von Alice Weidel".

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach nach eigenen Angaben am Abend mit Wahlsieger Friedrich Merz und gratulierte ihm, wie er auf X schrieb. Er habe sich auch mit Bundeskanzler Olaf Scholz ausgetauscht und ihm seine Freundschaft bekundet.

24. Februar, 7.19 Uhr: SSW zieht erneut in den Bundestag ein

Der Südschleswigsche Wählerverband ist erneut im Deutschen Bundestag vertreten.

Dem Politiker Stefan Seidler gelang der Wiedereinzug, wie aus einer Übersicht der Bundeswahlleiterin hervorging. Der SSW ist von der Fünf-Prozent-Hürde befreit und die Partei der dänischen und friesischen Minderheit.

"Nach derzeitigem Stand haben wir unser Wahlziel erreicht, den SSW im Bundestag zu halten", hatte der SSW-Landesvorsitzende Christian Dirschauer bereits am Wahlabend gesagt. Das sei schon für sich genommen ein historischer Erfolg.

Titelfoto: Stefanie Loos/AFP Pool/dpa

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