Ukrainischer Anschlag auf Nordstream? Wagenknecht spricht von "netter Gegenleistung"
Berlin/Köln/Jena - Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht (53) bleibt unbequem und in ihrer kritischen Haltung unbeugsam. Das demonstrierte die aus Thüringen stammende Bundestagsabgeordnete einmal mehr in Formaten der Öffentlich-Rechtlichen.
Mit ihrer klaren Kante polarisierte Wagenknecht am Mittwoch unter anderem im ARD-Talk bei "Maischberger". So kritisierte sie die Haltung vieler, die sofort Russland für die Sprengung der Nordstream-Pipelines verantwortlich machen. Zuletzt verdichteten sich eher die Hinweise, dass die Spur in Richtung Ukraine führt, heißt es in einem Beitrag der Öffentlich-Rechtlichen mit mehreren Autoren. Sogar die Bundesregierung soll den Angaben nach offenbar von den Anschlagsplänen gewusst haben.
Wagenknecht frage sich da "natürlich" schon, wie sie darstellt. "Ich meine, Deutschland gibt Milliarden dafür aus, die Ukraine zu unterstützen - mit Waffen, mit Geld. Wir finanzieren den halben Haushalt. Als sozusagen nette Gegenleistung sprengen sie einen wesentlichen Teil unserer Infrastruktur." Eine Aussage, die unglücklich wirkt, da sie so formuliert ist, als ob zu hundert Prozent klar ist, dass die Täter ukrainischer Herkunft sind.
Von Maischberger darauf angesprochen, verweist die Linke-Politikerin auf Medienberichte. Zudem relativiert sie in diesem Zusammenhang unter anderem mit dem Wörtchen "wohl". Im gleichen Atemzug stellt sie klar: "Ich kenne nur das, was ich lese. Aber es hat keiner dementiert. Insofern scheint das so zu sein."
In einer Sache dürfte man Wagenknecht allerdings wohl beipflichten: Wenn dem so sein sollte, dass der Anschlag auf diese kritische Infrastruktur, die Deutschland mit Gas versorgen sollte, auf Täter mit ukrainischer Herkunft zurückzuführen ist, dann müssten definitiv gewisse Fragen gestellt - und auch beantwortet werden. Insbesondere, wenn die Bundesregierung tatsächlich Kenntnis von Anschlagsplänen gehabt habe.
Wagenknecht macht Westen mitverantwortlich
Auch den Krieg in der Ukraine lehnt die Linke-Politikerin weiterhin vehement ab. "Die Front - im Grundsatz - hat sich seit einem halben Jahr kaum noch verändert. Von beiden Seiten ist es ein Abnutzungskrieg, ein völlig sinnloser Krieg", so die 53-Jährige. "Das Einzige, was sich verändert, ist, dass jeden Tag Menschen sterben". Weiter auf die "militärische Karte" zu setzen, finde sie verantwortungslos. Wagenknecht ist weiterhin für Gespräche über einen Waffenstillstand.
Doch solange der Westen den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj (45) weiterhin darin bestärke, seine "Maximalziele" für unverhandelbar zu halten - "Das ist die Rückeroberung der Krim und das ist die schnelle Natomitgliedschaft" - solange würden Verhandlungen nicht erfolgreich sein.
Unbeugsam in ihren Ansichten blieb die Linke-Politikerin auch im Beitrag "Fünf Minuten mit Sahra Wagenknecht", der am Mittwoch im WDR-Format "Aktuelle Stunde" zu sehen war. Dabei schoss sie auch gegen ihre eigene Partei, deren Vorstand erst kürzlich die unmissverständliche Botschaft sendete, dass für sie in der Partei kein Platz mehr ist. Die Linkspartei habe sich auf einen Kurs begeben, "der einfach sehr, sehr viele unserer ehemaligen Wählerinnen und Wähler nicht mehr abholt", sagt sie.
Die Menschen, denen es "wirklich dreckig" gehe und die Politik "seit Jahren" vergessen habe, würden entweder gar nicht mehr wählen oder "aus Wut oft Rechts".
Wagenknecht: "Leute fühlen sich von Politik gedemütigt"
Wie man diese Leute zurückhole, sei eine große Debatte, jede Partei überlege sich das, meint Moderator Martin von Mauschwitz, ehe er sagt: "Sie haben da ja bekanntermaßen nicht so viel Berührungsängste." Wagenknecht schüttelt leicht mit dem Kopf. "Na, es geht ja nicht um Berührungsängste", betont sie und lächelt charmant. Was solle sie denn zu "Wählerinnen und Wählern" Berührungsängste haben, kontert sie Mauschwitz Formulierung mit einer Frage. Der 61-Jährige stellt nochmals klar: "Na, zu denen, die nach rechts abgewandert sind."
Dafür seien die Parteien verantwortlich, die sie enttäuscht haben, betont sie. Man könne nicht die Wähler dafür "beschimpfen", dass sie von allen anderen Parteien nicht mehr überzeugt seien. "Das ist eine Politik mit einem missionarisch, übergriffigen Eifer, wo die Leute sich auch gedemütigt fühlen". Die Leute hätten auch das Gefühl, dass immer mehr in ihr Privatleben hinein regiert wird.
In der Vergangenheit musste sich die 53-Jährige immer wieder den Vorwurf gefallen lassen, sich nicht beziehungsweise nicht konsequent genug nach rechts abzugrenzen. Auch im Gespräch mit Mauschwitz geht es um den rechten Rand - um die AfD. Die Bundestagsabgeordnete stellt klar: "Entweder ein Sachverhalt ist richtig oder falsch. Wenn er richtig ist, muss man ihn sagen, auch wenn die AfD das auch sagt."
Auf die Frage, welche Kritik sie "wirklich" getroffen habe, antwortet Wagenknecht, wenn ihr unterstellt werde, sie sei eine Freundin Putins oder sie würde seine Politik oder den Krieg in der Ukraine unterstützten. "Das ist üble Meinungsmache", betont sie.
Auf der anderen Seite perle aber auch manches an ihr ab, weil sie auch "sehr, sehr viele" positive Reaktionen aus der Bevölkerung, aus der Partei und sogar aus der Fraktion bekomme.
Titelfoto: Kay Nietfeld/dpa