Ziel: Neuwahl! Kanzler Scholz beantragt Vertrauensfrage beim Bundestag

Von Michael Fischer und Ulrich Steinkohl

Berlin - Gut drei Jahre nach seinem Amtsantritt hat Kanzler Olaf Scholz (66, SPD) beim Bundestag die Vertrauensfrage beantragt, um eine vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar 2025 herbeizuführen. Er übermittelte den Antrag am heutigen Mittwoch wie geplant Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (56, SPD), wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr.

Bundeskanzler Olaf Scholz (66, SPD) hat die Vertrauensfrage beantragt.
Bundeskanzler Olaf Scholz (66, SPD) hat die Vertrauensfrage beantragt.  © Michael Kappeler/dpa

Die Abstimmung darüber soll am kommenden Montag, dem 16. Dezember, stattfinden. Es gilt als sicher, dass Scholz keine Mehrheit bekommt. In dem Fall hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (68, SPD) 21 Tage Zeit, auf Bitten des Kanzlers den Bundestag aufzulösen und den Neuwahltermin festzulegen.

Dass Steinmeier die Auflösung verweigert, ist praktisch ausgeschlossen. Er hat bereits wissen lassen, dass er den 23. Februar für realistisch hält. Und er hat erklärt, nach welchem Maßstab er entscheiden werde: "Unser Land braucht stabile Mehrheiten und eine handlungsfähige Regierung."

Das ist seit dem Rauswurf von FDP-Finanzminister Christian Lindner (45) und dem damit verbundenen Aus der Ampel-Koalition am 6. November nicht mehr gegeben.

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Scholz führt seitdem eine von SPD und Grünen getragene Regierung, die im Bundestag keine Mehrheit mehr hat und deswegen ohne Unterstützung aus der Opposition nichts mehr durchsetzen kann.

Wie wird die Abstimmung am Montag ablaufen?

Nach dem Aus der Ampel-Koalition hat Scholz bei der Bundestagspräsidentin den Antrag auf die Vertrauensfrage im Bundestag gestellt.
Nach dem Aus der Ampel-Koalition hat Scholz bei der Bundestagspräsidentin den Antrag auf die Vertrauensfrage im Bundestag gestellt.  © Michael Kappeler/dpa

Im Bundestag wird Scholz den Abgeordneten am Montag seine Gründe für die Vertrauensfrage in einer Rede erläutern. Anschließend wird es eine etwa 90-minütige Aussprache geben.

Danach entscheidet das Parlament voraussichtlich in namentlicher Abstimmung. Das bedeutet, dass das Abstimmungsverhalten jedes einzelnen Abgeordneten mit etwas Verzögerung veröffentlicht wird. Es kann sich also kein Parlamentarier anonym für oder gegen Scholz aussprechen.

Es ist ziemlich sicher, dass Scholz mit der Vertrauensfrage scheitert - auch wenn es einen Unsicherheitsfaktor gibt. Dem Bundestag gehören 733 Abgeordnete an. Um das Vertrauen des Parlaments zu bekommen, müsste Scholz 367 Stimmen erhalten - die absolute Mehrheit aller Parlamentarier, auch "Kanzlermehrheit" genannt. Die SPD-Fraktion mit ihren 207 Abgeordneten will dem Kanzler das Vertrauen aussprechen.

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Die Grünen, der noch in der Regierung verbliebene Juniorpartner der SPD, haben sich noch nicht entschieden. Ihre Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann (63) hatte zwar kurz nach dem Ampel-Aus verkündet, dass die Grünen ebenfalls für Scholz stimmen würden. Inzwischen ist aber auch eine Enthaltung im Gespräch.

Warum schwanken die Grünen noch?

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (68, SPD) hat 21 Tage Zeit, auf Bitten des Kanzlers den Bundestag aufzulösen und den Neuwahltermin festzulegen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (68, SPD) hat 21 Tage Zeit, auf Bitten des Kanzlers den Bundestag aufzulösen und den Neuwahltermin festzulegen.  © Fabian Sommer/dpa

Dass die Grünen noch schwanken liegt an der AfD. Sollten SPD und Grüne geschlossen für Scholz stimmen, wären das zusammen schon 324 Stimmen, also nur 43 weniger als die Kanzlermehrheit.

Die AfD hat 76 Abgeordnete und könnte theoretisch Scholz zu einer Mehrheit verhelfen. Das wäre zwar irrational, weil die Partei die rot-grüne Minderheitsregierung ja eigentlich loswerden will. Aber mit Jürgen Pohl (60) hat schon ein AfD-Abgeordneter angekündigt, für Scholz stimmen zu wollen, weil er für ihn verglichen mit dem Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (69) das kleinere Übel sei. Es ist also gut möglich, dass die Grünen auf Nummer sicher gehen und mit der SPD vereinbaren, dass sie sich enthalten.

Falls Scholz verliert wird Bundespräsident Steinmeier vorschlagen, den Bundestag aufzulösen, wozu der dann drei Wochen Zeit hat, also bis zum 6. Januar. Wenn Steinmeier sich dafür entscheidet, was als sicher gilt, muss die Neuwahl innerhalb von 60 Tagen stattfinden.

SPD, Grüne und die Union als größte Unionsfraktion haben sich auf den 23. Februar als Wahltermin verständigt. Der Bundespräsident hat bisher keine Einwände dagegen erkennen lassen.

Erstmeldung vom 11. Dezember um 14.42 Uhr; letzte Aktualisierung um 15.07 Uhr.

Titelfoto: Michael Kappeler/dpa

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