MP Kretschmer verteidigt Merz-Kehrtwende bei Schuldenbremse: "Realitätscheck"
Dresden - Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (49, CDU) findet nicht, dass Kanzlerkandidat Friedrich Merz (69, CDU) seine Wahlkampfversprechen gebrochen hat.

Dass Merz im Vorfeld der Bundestagswahl die Einhaltung der Schuldenbremse noch an die große Glocke gehängt hat, nun aber gemeinsam mit SPD und Grünen neue Milliarden für Infrastruktur und Bundeswehr locker machen will, erklärt Kretschmer stattdessen mit einem "Realitätscheck", den die beteiligten Parteien im Zuge der Sondierungsgespräche durchgeführt hätten.
Ein Teil dieser Realität sei es, dass die Ampel-Regierung die Situation in Deutschland mit ihrer "unsäglichen Politik" zu verantworten habe, sagte Kretschmer im Interview mit dem Deutschlandfunk am Montagmorgen.
Ob dies im Umkehrschluss bedeutet, dass Merz sich der tatsächlichen Lage des Landes vor den Sondierungsgesprächen gar nicht bewusst gewesen und erst auf Grundlage neuer Erkenntnisse ein Umdenken erforderlich gewesen ist, wurde in dem Gespräch nicht näher beleuchtet.
Stattdessen betonte Kretschmer, dass CDU, CSU und SPD "Volksparteien" seien, die genauestens hinschauen würden, "was die Menschen mit diesem Wahlergebnis haben ausdrücken wollen". Die jüngste Bundestagswahl sei dabei vor allem eine "Abstimmung über die Migration" gewesen.
Gemeinsam hätten sich Union und SPD darauf geeinigt, den Zustrom von Flüchtlingen zu begrenzen und bei den Ausweisungen "handlungsfähiger" zu werden. Für diesen "Politikwechsel" verdiene die SPD "Respekt", so der MP.
Abstimmung über Sondervermögen: Kretschmer mahnt Grüne zu "staatsbürgerlicher Verantwortung"

Generell sehe Kretschmer, der selbst an den Gesprächen teilgenommen hatte, in den Sondierungsergebnissen ein Papier, dass sich klar zu Investitionen in die Verteidigung und zur Beseitigung von Wachstumsbremsen bekenne: "Ich stehe sehr zu dieser Entscheidung."
Angesichts der kommenden Sondersitzungen, in denen die milliardenschwere Finanzspritze noch mit den Mehrheiten des Parlaments beschlossen werden soll, verteidigte Kretschmer die teils harte Gangart seiner Partei gegenüber den Grünen - deren Stimmen bei der Abstimmung ausschlaggebend sein können.
Es sei schließlich keine "Majestätsbeleidigung", wenn man auf Punkte hinweise, die in der Vergangenheit nicht gut gelaufen seien.
Kretschmer rief ebenso dazu auf, bei der Abstimmung die parteipolitischen Interessen gegenüber den Interessen des Landes hinten anzustellen: "Ich rate jedem dazu, mit Demut und Verantwortungsbewusstsein staatsbürgerliche Verantwortung zu übernehmen."
Titelfoto: Robert Michael/dpa