Metapher-Ministerpräsident Kretschmer: Von Seismographen und der Pest
Dresden - Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (48, CDU) hat den Osten als "Seismographen" für die schlechte politische Stimmung in Deutschland bezeichnet. Doch was meint er mit dieser Metapher?
Jeder hat schon einmal einen Seismographen gesehen, der die Stärke eines Erdbebens aufzeichnet. Je stärker die Erschütterungen, desto höher schlägt das Gerät aus und zeichnet dabei wellenförmige Linien auf eine Skala.
Für Kretschmer offenbar ein Sinnbild des Ostens!
"Meine Besuche jetzt hier in Nordrhein-Westfalen und an anderen Stellen - ich merke: Der Osten ist Seismograph, aber diese Stimmung ist auch hier vorhanden und sie wird mehr", sagte Sachsens Regierungschef im "WDR" am Freitag.
Bei dem "Erdbeben", was gemessen werde, handle es sich Kretschmers Symbolik zufolge um den Vertrauensverlust in die Demokratie: "Die Lösungskompetenz der Politik wird in Frage gestellt und Demokratie verteidigt man am besten dadurch, in dem man zeigt: Der Rechtsstaat, unsere freiheitlich demokratische Grundordnung, unsere Demokratie; die löst Probleme."
Im Epizentrum des demokratischen Bebens befindet sich in Kretschmers sinnbildlichem Vergleich der Osten. Die entstandenen Schäden würden sich vor allem an den Umfrageergebnissen für die AfD zeigen: "Der Anteil der Menschen, der überhaupt nicht mehr glaubt, dass diese Demokratie ein Problem löst, wird immer mehr. Und dann sehen Sie das in den Ergebnissen für die Protestparteien."
Die Stärke des Erdbebens dürfte bundesweit demnach aktuell bei knapp 20 Prozent auf der Sonntagsfragen-Richterskala liegen, in Sachsen derzeit sogar bei 35 Prozent.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer: "Minderheitsregierungen sind die Pest!"
Erste Nachbeben könne Sachsens Ministerpräsident nun also auch bei seinen Besuchen auf der tektonischen Platte Westdeutschlands spüren.
Um weitere Verwüstungen von der Demokratie im Land abzuwenden, benötige es laut Kretschmer vor allem ein Umdenken seitens der Ampel: "Die Bundesregierung muss bereit sein, sich zu korrigieren."
In Bezug auf die anstehende Landtagswahl im Freistaat warnte der gebürtige Görlitzer allerdings bereits direkt vor der nächsten Katastrophe - der Pest.
"Ich wünsche mir eine stabile Regierung. Ich halte nichts von Minderheitsregierungen. Ich glaube, dass das in Wirklichkeit die Pest ist, weil man da nichts richtig bewegen kann", sagte Kretschmer im Interview mit dem "WDR-Morgenecho", ebenfalls am Freitag.
Auch wenn demokratische Parteien untereinander "koalitionsfähig" sein müssten, sei Kretschmers "großes Wahlziel" gleichzeitig auch, künftig eine sächsische Regierung ohne die Grünen zu bilden.
Titelfoto: Bildmontage: Oliver Berg/dpa, Jan Woitas/dpa