Kretschmer bei Maischberger fassungslos: "Sie fragen mich ernsthaft, was da falsch gelaufen ist?"
Dresden - Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (49, CDU) zeigte sich am Mittwochabend in der Sendung von Sandra Maischberger (58) über eine Frage besonders verwundert.

Der gebürtige Görlitzer bekam von der ARD-Moderatorin eine fast vollständig blaue Landkarte vor die Nase gesetzt, die den Wahlerfolg der AfD im Freistaat Sachsen veranschaulichen sollte. "Was hat denn da nicht funktioniert?", fragte Maischberger.
Kretschmer konnte nicht glauben, dass ihm diese Frage an jenem Mittwochabend tatsächlich gestellt worden war.
"Wo waren Sie die letzten zwei Jahre, Frau Maischberger? Sie fragen mich ernsthaft, was da falsch gelaufen ist? Was haben sie anderes erwartet als dieses Wahlergebnis?", lederte der Sachse los.
Die 58-Jährige bekam immerhin noch die Möglichkeit, ihre Frage kurz zu erklären: Sie habe erwartet, dass Merz mit seinen Versprechungen für eine Asylwende ein besseres Wahlergebnis für die CDU hätte einfahren können. Außerdem: "Wen soll ich sonst fragen? Sie sind der Ministerpräsident von Sachsen!"
Wo Frau Maischberger in den letzten zwei Jahren auch immer gewesen sein mag, sie hätte sich denken können, welchen Sündenbock Kretschmer für das "blaue Wunder" bereits seit geraumer Zeit auserkoren hat: die gescheiterte Ampel-Regierung.
Mit einer Unions-geführten neuen Regierung bestehe nun die "Chance", die blaue Landkarte im gesamten Osten wieder schwarz zu färben, fuhr Kretschmer fort. Dafür komme es ganz besonders darauf an, das Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen: "Vertrauen entsteht durch Wertschätzung, Ehrlichkeit, Verlässlichkeit - Dinge, die in der Vergangenheit nicht immer gegolten haben, die jetzt für die nächsten Jahre ganz, ganz wichtig sind."
MP Kretschmer fragt Maischberger: "Wo waren Sie die letzten zwei Jahre?"

Ansonsten ging die Diskussion zwischen der Moderatorin und dem CDU-Politiker lange Zeit recht harmonisch vonstatten. Kretschmer sprach über die eingestürzte Carolabrücke und betonte, dass diese kein Symbol für die marode deutsche Infrastruktur sei, sondern ein "Spezialfall", der schnell wieder aufgebaut werden müsse: "Kommt in die Gänge, die Menschen warten darauf!"
Auch angesprochen auf die Sondierungen von Union und SPD konnte der MP die kritischen Nachfragen Maischbergers gekonnt in Eigenlob ummünzen:
"Mir war nicht klar, dass wir so viel in diesen Sondierungsgesprächen erreichen können." Kretschmer ließ dabei auch die Gelegenheit nicht ungenutzt zu betonen, dass die drei Verhandlungspartner CDU, CSU und SPD trotz ihrer teils historisch schlechten Wahlergebnisse bei der Bundestagswahl "Volksparteien" seien.
Etwas rumpelig wurde es ein erstes Mal, als Maischberger eine mögliche Wählertäuschung seitens Kanzlerkandidat Friedrich Merz (69, CDU) ins Spiel brachte, der noch im Wahlkampf auf die Einhaltung der Schuldenbremse beharrt hatte, inzwischen jedoch eine andere Denkweise angenommen zu haben scheint.
Zur Kritik am eigenen Parteiboss ließ sich Kretschmer jedoch nicht hinreißen, und die Moderatorin ging mit der Feststellung, dass ihrer Frage ausgewichen wurde, zum nächsten Thema über - und traf damit offensichtlich einen Nerv.
Titelfoto: Bildmontagte: WDR/Thomas Kierok, WDR/Oliver Ziebe