Vetternwirtschaft? Lauterbachs Ministerium verweigert Auskunft zu Vergabe von Millionen-Kampagne
Berlin - Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (59, SPD) reagierte angesichts zunehmender Corona-Ansteckungen mit einer neuen Werbekampagne zum Schutz vor dem Virus: Vor zwei Wochen stellte der SPD-Politiker die Aktion "Ich schütze mich" vor. Die Kosten dafür, die der Steuerzahler trägt, betragen 32 Millionen Euro. Die Art und Weise, wie der Auftrag vergeben wurde, irritiert.
Laut einem Bericht der Bild-Zeitung soll Lauterbach dafür gesorgt haben, dass der Auftrag für die Kampagne an den Hamburger Werbe-Spezialist Raphael Brinkert geht. Dessen Agentur "BrinkertLück" habe demnach 700.000 Euro für die Entwicklung des Projektes kassiert.
Bei der SPD ist Brinkert kein Unbekannter, mit der Partei hat sein Unternehmen bereits viel Geld verdient. Unter anderem betreute seine Agentur die millionenschwere Wahlkampf-Kampagne von Olaf Scholz (64, SPD) bei der Bundestagswahl im vergangenen Jahr.
"Wer, wenn nicht Scholz, hat derzeit eine legitimere Chance auf die Nachfolge von Angela Merkel?", äußerte der Politik-Marketing-Experte damals laut The Pioneer. Zuvor war Brinkert übrigens Berater der CDU.
Auch sonst zeige sich der Werber ganz auf Parteilinie. Auf Twitter lobte er die Arbeit des Bundeskanzlers, für andere Politiker gab es dagegen eine verbale Herabwürdigung.
So twitterte Brinkert am 26. Juni: "Wir sollten glücklich sein, dass auf dem Stuhl neben @POTUS @Bundeskanzler @OlafScholz sitzt und nicht Merz, Söder oder Laschet. #G7".
EU-Vergaberecht schreibt Ausschreibung vor
Auf Instagram zeigte sich Brinkert bereits fröhlich mit Scholz und Lauterbach. Schanzte der Bundesgesundheitsminister ihm für seine Treue nun das neue und äußerst lukrative Projekt zu, für das "BrinkertLück" mehrere Hunderttausend Euro kassiert?
"Wenn der Bund, also oberste und obere Bundesbehörden, einen Dienstleistungsauftrag vergeben will, der ein Volumen ab 140.000 Euro netto hat, ist nach geltendem EU-Vergaberecht grundsätzlich eine europaweite Ausschreibung notwendig", erklärt Martin Jansen, Fachanwalt für Vergaberecht bei "Kappelmann und Partner".
Nachzulesen ist das auch auf der Webseite der EU unter dem Punkt Regeln für die Vergabe öffentlicher Aufträge.
Eine Anfrage diesbezüglich von "Bild" beantwortete Lauterbachs Ministerium so: "Eine Ausschreibung war nicht nötig." Grund sei, dass die Kampagne "über einen bestehenden Vertrag mit einer anderen Agentur" laufe.
Leer ausgegangen ist dieses Mal "Scholz & Friends", obwohl die Werbeagentur per Rahmenvertrag bisher alle Themen zu Corona betreute. Eine Sprecherin bestätigte, dass das Unternehmen "weder an der Beauftragung noch an der Umsetzung der Corona-Kampagne" beteiligt war.
Inzwischen habe das Bundesgesundheitsministerium behauptet, dass die Kampagne von "mehreren Rahmenvertragsagenturen des Bundes" abgewickelt wurde. Um welche Agenturen es sich dabei handelt? Dazu verweigert das Ministerium bislang die Auskunft.
Titelfoto: Britta Pedersen/dpa