Wirbel um Merz-Aussagen: Zusammenarbeit mit der AfD? "Brandmauer gegen rechts ist aus Pappmaché"

Berlin - Während die AfD sich ins Fäustchen lacht, zeigen sich viele Partei-Kollegen entsetzt: CDU-Chef Friedrich Merz (67) hat mit seinen Aussagen im ZDF-Sommerinterview für reichlich Wirbel gesorgt. Denn der Christdemokrat lehnte nicht nur ein Verbot der Rechtsaußen-Partei ab, sondern öffnete sogar die Tür für zumindest kommunale Zusammenarbeit! Am Montag ruderte er dann doch wieder zurück.

CDU-Chef Friedrich Merz (67) sorgte im ZDF-Sommerinterview mit einigen Aussagen für Kopfschütteln.
CDU-Chef Friedrich Merz (67) sorgte im ZDF-Sommerinterview mit einigen Aussagen für Kopfschütteln.  © ZDF | Dominik Asbach

Anfang Juli schien der Höhenflug der AfD vorbei zu sein. Doch weit gefehlt: In der neuesten INSA-Umfrage kommt die Partei nun sogar auf 22 Prozent! "Das ist der höchste Wert, den wir je für diese Partei gemessen haben", erklärte Hermann Binkert, Chef des Sozialforschungsinstituts, der BamS.

Für den CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz eine Entwicklung, die vor allem für die Kommunalpolitik seiner Partei Folgen haben könnte.

Im ZDF erklärte der 67-Jährige zwar, dass die Union auch weiterhin nicht mit der "Alternative für Deutschland" zusammenarbeiten würde, beschränkte dies allerdings auf "gesetzgebende Körperschaften" und "Regierungsbildungen".

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Ein AfD-Bürgermeister in Sachsen-Anhalt, ein AfD-Landrat in Thüringen - beide demokratisch gewählt, betonte Merz. "Das haben wir doch zu akzeptieren. Und natürlich muss in den Kommunalparlamenten dann auch nach Wegen gesucht werden, wie man gemeinsam die Stadt, das Land, den Landkreis gestaltet."

Seine eigene Partei bezeichnete er als "Alternative für Deutschland mit Substanz" und sagte: "Wir messen uns nicht an der AfD, sondern wir sind größte Oppositionsfraktion im Deutschen Bundestag." Ein mögliches Verbot der AfD, wie von dem CDU-Bundestagsabgeordneten Marko Wanderwitz (47) kürzlich vorgeschlagen, nannte er "eine Einzelmeinung in der Bundestagsfraktion, die wir nicht teilen".

Nicht nur innerhalb der Regierungsparteien, auch CDU-intern wurde nach dem Sommerinterview deutliche Kritik laut.

AfD-Kooperation? CDU-Politiker distanzieren sich von Merz-Aussagen

Was wird aus der "Brandmauer" gegen rechts?

Die AfD befindet sich derzeit in einem Umfragehöhenflug.
Die AfD befindet sich derzeit in einem Umfragehöhenflug.  © dpa | Heiko Rebsch

"Es gibt niemanden, der mich übertrifft in der klaren Ablehnung und Abgrenzung zu dieser Partei", hatte Merz noch vor wenigen Wochen behauptet.

Zumindest die AfD freut sich über den Kurswechsel: "Nun fallen erste Steine aus der schwarz-grünen Brandmauer. In Ländern und Bund werden wir die Mauer gemeinsam niederreißen. Gewinner werden die Bürger sein", schrieb der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla (48) auf Twitter.

Ganz anders Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (50, CDU): "Die AfD kennt nur Dagegen und Spaltung. Wo soll es da ZUSAMMENarbeit geben? Die CDU kann, will und wird nicht mit einer Partei zusammenarbeiten, deren Geschäftsmodell Hass, Spaltung und Ausgrenzung ist." (Rechtschreibung in allen Kommentaren übernommen)

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Auch Yvonne Magwas (43), ihres Zeichens Vizepräsidentin des Bundestages und Teil des CDU-Präsidiums, wurde deutlich: "Ob Ortschaftsrat oder Bundestag, rechtsradikal bleibt rechtsradikal. Für Christdemokraten sind Rechtsradikale IMMER Feind!"

Ähnlich reagierte der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (45): "Der Parteitagsbeschluss besagt, dass jegliche Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen ist. Das hier ist die schleichende Verwässerung von Parteitagsbeschlüssen nach Wahlerfolgen der extremen Rechten."

Auch Markus Söder und die CSU wenden sich gegen Friedrich Merz

Merz sorgt für Fassungslosigkeit - bekommt aber auch Unterstützung

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann (45, l.) verteidigte Merz gegen die Kritik.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann (45, l.) verteidigte Merz gegen die Kritik.  © dpa | Michael Kappeler

Merz würde seine Partei auf eine bessere Alternative für Deutschland reduzieren und nun die selbst beschworene Brandmauer ein wenig abbauen, sagte Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang (29) in der ARD.

FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann (65) betonte im Netz: "Die Kommunalpolitik ist die Wiege unserer Demokratie. Gerade hier darf die Brandmauer zur antidemokratischen AfD nicht fallen." SPD-Politiker Metin Hakverdi (54) fragte perplex: "Habe ich das richtig verstanden? Zusammenarbeit bei Gesetzgebung nein, aber ansonsten volle Kooperation mit der AfD?"

Zumindest etwas Unterstützung bekam Merz indes von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann (45), der am Montag in der Bild giftig wurde: "Dass ausgerechnet die SPD, die schon lange auf kommunaler Ebene mit der AfD stimmt, jetzt Empörung heuchelt, weil Friedrich Merz eine Selbstverständlichkeit betont hat, ist scheinheilig."

Er wolle zudem verdeutlichen, dass es bei der CDU "keine Zusammenarbeit mit der AfD" gebe, "egal auf welcher Ebene" - das würde auch Friedrich Merz so sehen, "wenngleich er zu Recht auf die schwierige Umsetzung vor Ort hinweist".

SPD contra CDU: "Brandmauer gegen rechts ist aus Pappmaché" - Merz rudert zurück

Die Aussagen Linnemanns ließ wiederum die SPD nicht auf sich sitzen. "Friedrich Merz und Carsten Linnemann überschreiten eine Grenze", sagte am Vormittag die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast (52), der Deutschen Presse-Agentur. Zynisch behauptete sie: "Ihre viel zitierte Brandmauer gegen rechts ist aus Pappmaché und sie legen Feuer daran."

Nach all dem Trubel um seine Aussagen meldete Merz sich dann schließlich wieder selbst zu Wort. "Um es noch einmal klarzustellen, und ich habe es nie anders gesagt: Die Beschlusslage der CDU gilt", schrieb der CDU-Chef auf Twitter.

"Es wird auch auf kommunaler Ebene keine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD geben." Noch tags zuvor hatte er in den sozialen Medien mitgeteilt: "Das Thema Zusammenarbeit mit der AfD betrifft die gesetzgebenden Körperschaften, also im Europaparlament, im Bundestag und in den Landtagen."

Erstmeldung 8.25 Uhr, letzte Aktualisierung um 10.10 Uhr.

Titelfoto: dpa | Heiko Rebsch, ZDF | Dominik Asbach

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