CDU-Chef Merz mit düsterer Prognose: "Die nächste Finanzkrise kommt bestimmt!"

Meerane - Die deutsche Wirtschaft ist ins Schlingern geraten. Es muss sich was ändern. Das sieht auch CDU-Chef Friedrich Merz (68) so, der im letzten Teil des großen TAG24-Interviews erklärt, wie er es besser machen würde. Außerdem geht er im Vorfeld der Landtagswahl in Sachsen auf aktuelle Entwicklungen im Freistaat ein und prophezeit die nächste Finanzkrise.

CDU-Chef Friedrich Merz (68) stand TAG24 Rede und Antwort.
CDU-Chef Friedrich Merz (68) stand TAG24 Rede und Antwort.  © Kristin Schmidt

TAG24: Der deutschen Wirtschaft geht es nicht gut. Gerade erst hat beispielsweise VW angekündigt, in Sachsen 1000 Stellen zu streichen. Auch aus anderen Branchen gibt es alarmierende Beispiele. Ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt noch zu retten?

Merz: Ja, das ist sie – aus fester Überzeugung! Allerdings ist unsere Wirtschaft in einer schweren strukturellen Krise. Das hängt auch mit der Politik der letzten zweieinhalb Jahre zusammen.

Die einseitige Festlegung auf die Elektromobilität zum Beispiel war ein Fehler, genauso die Stilllegung der letzten sechs Kernkraftwerke. Diese Fehler haben Folgen. Und diese Folgen können wir jetzt besichtigen.

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TAG24: Von den vergangenen 42 Jahren hat Ihre Partei 32 Jahre regiert. War da nicht genug Zeit, die Weichen Richtung richtiger Zukunft zu stellen?

Merz: Und in den vergangenen 24 Jahren haben 20 Jahre die Sozialdemokraten regiert. Stellen Sie denen dieselben Fragen?

TAG24: Klar.

Merz: Gut. Natürlich hätten wir manches anders machen müssen. Wir wären jetzt nicht in der Opposition, wenn wir alles richtig gemacht hätten.

Merz: "Die Wind- und Solarindustrie zu lange zu hoch subventioniert"

Die Meyer-Burger-Fabrik im sächsischen Freiberg.
Die Meyer-Burger-Fabrik im sächsischen Freiberg.  © dpa/Sebastian Kahnert

TAG24: Abwanderungen wie die von Meyer Burger gibt’s nicht zum ersten Mal, was erneut zeigt, dass Deutschland ganze Wirtschaftszweige vernachlässigt. Wie will man denn Firmen wie diese zurückholen?

Merz: Nach meiner Einschätzung haben wir die Wind- und Solarindustrie zu lange zu hoch subventioniert, auch über die Einspeisevergütung. Dabei haben wir übersehen, dass zur selben Zeit unter anderen Bedingungen in anderen Ländern sehr viel preisgünstiger produziert worden ist.

Weiter brauchen sie für solche Unternehmen Skaleneffekte – das heißt, je mehr sie produzieren, desto günstiger können sie ein Produkt anbieten. Der europäische Binnenmarkt ist und bleibt für uns lebensnotwendig.

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TAG24: Heißt?

Merz: Wir müssen im europäischen Maßstab in der Lage sein zu produzieren. Wenn wir nur für lokale oder nationale Märkte produzieren, ist selbst Deutschland mit seinen 83 Millionen Einwohnern zu klein. Wir sind 1 Prozent der Weltbevölkerung. 99 Prozent der Konsumenten leben außerhalb unseres Landes. Wir müssen echt aufpassen, dass wir nicht immer alles nur aus der deutschen Sicht betrachten. Die Welt um uns dreht sich schneller, als wir manchmal glauben.

"Dieser Subventionswettlauf ist ein Übel"

In Magdeburg baut Intel eine riesige neue Fabrik.
In Magdeburg baut Intel eine riesige neue Fabrik.  © dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

TAG24: Das hat auch diese Bundesregierung erkannt und Milliarden in Silicon Saxony gesteckt …

Merz: Das ist auch richtig und ist im Übrigen auch schon durch die vorherige Regierung vorbereitet worden. Dasselbe gilt auch für Intel und Magdeburg.

Dass man die Ansiedlung hoch subventioniert, ist richtig, die dürfen nur auf Dauer keine Subventionen bekommen, sondern müssen auf Dauer im Markt bestehen. Das sind Technologien mit großer Zukunft.

TAG24: Bekommt man denn noch solche Firmen ohne Subventionierung nach Deutschland?

Merz: Dieser Subventionswettlauf ist ein Übel, aber wenn wir uns dem verschließen, dann würden wir mit der reinen Lehre auch nicht viel weiterkommen.

Wir müssen da ein Stück weit mitgehen, dürfen es aber nicht nur über Subventionen versuchen zu erreichen. Wir müssen uns auch über sonstige Rahmenbedingungen, das Fachkräftepersonal usw. Gedanken machen.

TAG24: Auch wenn die USA und China ihre Subventionsprogramme hochfahren?

Merz: Deutschland muss seine Interessen wahrnehmen, und die bestehen auch darin, dass wir solche spannenden Unternehmen ansiedeln.

Das sagt Friedrich Merz über die Schuldenbremse

TAG24: Ist die Schuldenbremse da nicht ein Hindernis?

Merz: Wenn die Bundesregierung im laufenden Jahr mehr als 50 Milliarden Euro neue Schulden machen kann und im Jahr 2025 noch einmal 43 Milliarden Euro, dann scheint die Schuldenbremse nicht das Problem zu sein.

TAG24: Dennoch konkurrieren wir mit China und den USA, die die Thematik offensichtlich anders angehen!

Merz: Amerika hat diese Frage immer anders beantwortet, hat aber auch den Dollar als Weltreservewährung. Da sind wir Europäer mit dem Euro noch nicht stark genug. Aber insgesamt steigen weltweit die Verschuldungsraten der Staaten, auch der Unternehmen und der privaten Haushalte weiter an!

Die nächste Finanzkrise kommt bestimmt, denn irgendwann werden wir das mit diesem Ausmaß an Verschuldung nicht mehr durchhalten. Die Folge wären zweistellige Inflationsraten. Das wird dann jeder von uns im Portemonnaie und an der Supermarktkasse zu spüren bekommen!

Titelfoto: Kristin Schmidt

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