Mit dem 9-Euro-Ticket nach Sylt: Punks wollen zu Christian Lindners Hochzeit
Westerland - Finanzminister Christian Lindner (43, FDP) könnte bei seiner Hochzeit auf Sylt ab dem kommenden Donnerstag ungebetenen Besuch bekommen. Denn einige Punks wollen mit dem 9-Euro-Ticket zu der Feier auf die Nordseeinsel fahren.
Es klingt nach einer ziemlichen Schnapsidee. "Wir wollen alle zur Hochzeit von Christian Lindner nach Sylt kommen", kündigte der Flensburger Punk "Socke" (39) am vergangenen Samstag im Gespräch mit TAG24 in Westerland an.
Mit "wir" meint der Norddeutsche sich und zahlreiche andere Punks, die seit der Einführung des 9-Euro-Tickets am 1. Juni vermehrt mit der Bahn nach Sylt fahren und dort vor allem in der verkehrsberuhigten Wilhelmstraße am Wilhelminenbrunnen sitzen und feiern – nicht immer zur Freude der Einheimischen und Touristen.
Tatsächlich feiert Bundesfinanzminister Lindner (43) ab dem kommenden Donnerstag, 7. Juli, seine Vermählung mit der Journalistin Franca Lehfeldt (33) auf der beliebten Nordseeinsel.
Medienberichten zufolge ist die standesamtliche Trauung für Donnerstag im Sylt-Museum in Keitum vorgesehen. Die kirchliche Trauung soll dann am Samstag in der Kirche St. Severin stattfinden. Als Gäste werden neben mehreren Bundesministern auch Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) sowie der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz (66) erwartet.
Nicht eingeladen sind hingegen die Punks vom Wilhelminenbrunnen. Doch auf eine Einladung zur Hochzeit wollen sie offenbar auch gar nicht warten. "Wir werden zur Sansibar wandern und Christian gratulieren", erklärte "Socke". In dem bekannten Lokal soll am Freitag der Polterabend des Finanzministers gefeiert werden.
Punks wollen mit ihren Besuchen die Einheimischen auf Sylt provozieren
Die Sansibar liegt knapp elf Kilometer südlich von Westerland, was für die Punks einen mehr als zweistündigen Fußmarsch bedeuten würde. Wegen der Teilnahme zahlreicher Regierungsmitglieder an der Hochzeit dürften die Sicherheitsvorkehrungen allerdings so hoch sein, dass die Punks vermutlich kaum in die Nähe der Veranstaltung kommen werden.
Am Wilhelminenbrunnen in Westerland hat sich die Situation mit den Punks zumindest teilweise wieder entspannt. Nachdem einige von ihnen in den vergangenen Wochen im Brunnen gebadet hatten, war das Becken von den Behörden zunächst abgesperrt worden. Die Absperrung wurden inzwischen allerdings wieder abgebaut.
"Wir benutzen den Brunnen nicht mehr, damit er nicht wieder gesperrt wird", so "Socke". Tatsächlich hielt sich eine Gruppe von rund 20 Punks am gestrigen Samstag vom Brunnen fern. Allerdings befindet sich in dem Becken auch nur noch wenig Wasser, das sich inzwischen zudem leicht grün gefärbt hat.
"Einige Leute haben sich aufgeregt, weil dort jemand reingepinkelt haben soll", erläuterte der 39-Jährige. "Dabei machen das die Touristen auch jede Woche." Ein verbreitetes Problem sei das allerdings nicht: Denn in Westerland gebe es ausreichend öffentliche Toiletten. "Die Toiletten sind echt sauber hier. Da muss man Sylt wirklich loben", bemerkte "Socke".
Aber warum zieht es die Punks überhaupt nach Sylt? Mit ihren Besuchen auf der vermeintlichen Insel der Reichen und Schönen wollen sie nicht zuletzt auch die Einheimischen und Touristen provozieren. "Wenn die Politiker nicht ständig gewarnt hätten, dass wir mit dem 9-Euro-Ticket nach Sylt fahren, wären wir wahrscheinlich gar nicht gekommen", argumentierte "Socke". "Aber so mussten wir ja kommen."
Punks bevölkern die Fußgängerzonen - "Sylt ist geil, wir bleiben hier"
Doch so richtig in Fahrt kommt die Kapitalismuskritik bisher noch nicht. Eine für vergangenen Samstag angekündigte Demonstration unter dem Motto "Freiheit für Sylt" war kurzfristig abgesagt worden. Ein Dutzend Demonstranten hatte daraufhin eine Spontan-Demo bei der Polizei angemeldet, an der sich die Punks allerdings nicht beteiligt hatten.
Denn sie sitzen die meiste Zeit des Tages lieber in der Fußgängerzone, trinken Bier, hören Musik, spielen mit ihren Hunden und unterhalten sich zum Teil ziemlich laut.
"Eigentlich ist es eine Fußgängerzone wie jede andere auch. Aber abends gehen wir oft an den Strand und grillen", so "Socke". Denn abends wird die Kurkarte, die 4 Euro für Tagesgäste kostet, an den Stränden nicht mehr kontrolliert.
Mittlerweile würden die meisten Menschen auf Sylt auch gelassener auf die Punks reagieren, erklärte er weiter. So manche Touristen machen Fotos von ihnen, was allerdings nicht immer gut ankommt – zumindest, wenn nicht vorher um Erlaubnis gefragt wird.
"Viele Leute hier sind freundlich. Nur ein Café-Besitzer am Brunnen hat sich über uns aufgeregt", verdeutlichte "Socke" - und ergänzte abschließend: "Aber Sylt ist geil, wir bleiben hier."
Titelfoto: Jan Iven/TAG24