"'Weiße Männer' kann ich kaum erkennen": Boris Palmer zu den Ausschreitungen in Stuttgart
Stuttgart/Tübingen - Die Krawalle in Stuttgart am Wochenende (TAG24 berichtete) beschäftigen die Republik. Nun hat sich auch Tübingens OB Boris Palmer (48, Grüne) deutlich zu Wort gemeldet.
Rückblick: In der Nacht auf Sonntag lieferten sich hunderte meist junge Männer Straßenschlachten mit der Polizei, zertrümmerten Polizeiautos und plünderten Geschäfte.
Am Ende der Krawallnacht waren 19 Beamte verletzt, 24 Personen wurden festgenommen. Laut Polizei-Vizepräsident Thomas Berger haben zwölf davon keinen deutschen Pass, kommen etwa aus dem Irak oder Afghanistan. Von den zwölf Deutschen haben drei einen Migrationshintergrund.
Auf Videos aus der Nacht, die auf Twitter zu finden sind, sind oftmals junge Männer mit Migrationshintergrund zu sehen. Sie rufen etwa "Allahu Akbar", "ACAB" ("All Cops are Bastards", also "Alle Polizisten sind Bastarde") oder beschimpfen die Beamten schlicht als "Hurensöhne".
In einer Pressekonferenz am Sonntag wurde gefragt, wer denn an den Straßenschlachten beteiligt war. Wiederholt sprach man dort von der "Partyszene". Dieses Wort nutzte Palmer jetzt als Aufhänger für seinen Beitrag auf Facebook.
"Den Begriff 'Partyszene' mit den schlimmsten Verwüstungen der Stuttgarter Innenstadt seit Jahrzehnten in Verbindung zu bringen, fällt mir schwer", beginnt Deutschlands bekanntestes Stadtoberhaupt sein Posting.
Dann bezieht er sich auf ein Foto aus der Krawallnacht, das ihm besonders ins Auge sticht: Es zeigt zahlreiche junge Menschen im Bereich auf den Treppen neben dem Kunstmuseum.
Palmer sticht das Aussehen der jungen Männer ins Auge
"Diese 'Partyszene' weist einige Besonderheiten auf", schreibt Palmer. "Maske trägt so gut wie niemand. Mindestabstand ist selten. Frauen kann ich allenfalls als Minderheit unter 10 Prozent vermuten."
Alle anderen seien junge Männer. "Von diesen wiederum haben nahezu alle ein Aussehen, das man im Polizeibericht als 'dunkelhäutig' oder 'südländisch' beschreiben würde. 'Weiße Männer' kann ich kaum entdecken. In den Videos der Krawallnacht haben fast alle Täter ein ähnliches Erscheinungsbild wie die meisten Männer auf diesem Foto", so der OB.
Dann fragt er seine Leser: "Rassismus? Oder vielleicht doch ein Grund, genauer hinzuschauen und sich zu fragen, wieso sich nach der Drogenkontrolle eines Jungen mit Migrationshintergrund plötzlich derart viele Menschen gegen die Polizei zusammenschließen?"
Sei das überhaupt erklärbar ohne eine zu Grunde liegende Ablehnung der Polizei und das Gefühl, gemeinsam gegen diese Aufbegehren zu müssen und damit im Recht zu sein, will er wissen.
Der 48-Jährige hält das für schwer vorstellbar. Zumal die Ausschreitungen aus heiterem Himmel gekommen seien, die Polizei keine politischen Gruppen erkannt habe und vorher keine Gewalt sichtbar gewesen sei.
"Wir würden gut daran tun, die Ursachen dieser Gewalt genau zu untersuchen und dabei unbequeme Erkenntnisse nicht auszuklammern", schließt Palmer seinen Beitrag.
Titelfoto: Montage: 7aktuell.de/Simon Adomat, Silas Stein/dpa