Grüner voll des Lobes: Boris Palmer und Sahra Wagenknecht in einer Partei?!
Tübingen - Beide sind in ihrer jeweiligen Partei nicht unumstritten und beide melden sich immer wieder lautstark zu Wort. Die Rede ist von Sahra Wagenknecht (51, Linke) und Boris Palmer (48, Grüne). Jetzt hat der 48-Jährige sie mit Komplimenten überhäuft.
Wagenknecht sorgt mit ihrem Buch "Die Selbstgerechten" (24,95 Euro, Campus Verlag) derzeit für ordentlich Aufsehen.
Kein Wunder, greift die Linken-Politikerin dort doch sogenannte Lifestyle-Linke an. "Ob in den USA oder Europa: Wer sich auf Gendersternchen konzentriert statt auf Chancengerechtigkeit und dabei Kultur und Zusammengehörigkeitsgefühl der Bevölkerungsmehrheit vernachlässigt, arbeitet der politischen Rechten in die Hände", heißt es im Klappentext.
Die 51-Jährige macht demnach einen Linksliberalismus aus, der "sich progressiv wähnt, aber die Gesellschaft weiter spaltet, weil er sich nur für das eigene Milieu interessiert und Diskriminierung aufgrund sozialer Herkunft ignoriert".
Für das Buch erntete die Frau von Oskar Lafontaine (77, Linke) aus der eigenen Partei prompt Kritik.
In einem aktuellen YouTube-Video fragt die Politikerin nun, was man heute noch sagen darf? Und kommt auf Shitstorms, Cancel Culture und die Videoaktion #allesdichtmachen zu sprechen.
"Illiberalität beginnt, wenn Menschen Angst haben, öffentlich ihre Meinung zu sagen", so Wagenknecht in dem mehr als 20 Minuten langen Clip. "Weil sie eingeschüchtert werden oder auch weil sie Angst vor Konsequenzen - auch sozialen Konsequenzen - haben müssen."
Wagenknecht fühlt sich an DDR erinnert
Was die Videos der #allesdichtmachen-Aktion angeht, so mache das Echo darauf fassungslos. Die Linken-Politikerin spricht von einem Echo "der Ächtung, des Hasses, der wirklich auch übelsten Verleumdung".
Kritik übt Wagenknecht an Forderungen, dass die Videos Konsequenzen für künftige Engagements der Schauspielerinnen und Schauspieler haben müssten.
RBB-Rundfunkrat Norman Heise (42) hatte gegenüber der Bild-Zeitung gar gefordert: "Diese Aktion muss im Nachgang ganz genau vom Rundfunkrat betrachtet werden. Jeder einzelne der beteiligten Künstler muss angehört und zu seinen Intentionen befragt werden."
Wagenknecht fühlt sich da an die DDR erinnert: "Da war das so. Da gab's dann Einzelgespräche und da wurde man ganz genau befragt."
Deutschlands wohl bekanntestem Rathauschef sprach Wagenknecht da offenbar aus der Seele. Auf seiner Facebook-Seite schrieb er: "Mit Sarah Wagenknecht [sic!] könnte ich wirklich in einer Partei sein."
Und weiter: "Ihr Engagement gegen die selbstgerechten Lifestyle-Linken, die aus komplexen politischen Fragen moralische Gewissheiten machen, ist einfach großartig."
Den DDR-Vergleich empfindet Palmer als richtig: "In der aktuellen Wochenschau sagt sie zurecht, dass man in der DDR vorgeladen wurde, um seine Meinung zu rechtfertigen. Heute verlangen das Rundfunkräte, wenn Schauspieler die Corona-Politik kritisch hinterfragen."
Angst, möglicherweise damit den "falschen Kreisen" in die Karten zu spielen, hat der 48-Jährige offenbar nicht. "Sofort kommen die Links, auf angebliche Verschwörungen und rechte Kreise im Hintergrund", notiert er. "Auch dazu sollte man das Video ansehen. Das ist nichts anderes als illiberal: Wer Honecker kritisiert hilft dem Klassenfeind."
Titelfoto: Montage: Michael Kappeler/dpa, Tom Weller/dpa