Ramelow kritisiert Wagenknecht-Partei scharf und spricht von "Oligarchie"
Erfurt - Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (68, Linke) hält das Mitgliederaufnahmeverfahren der Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) für undemokratisch.
"Hier öffnet sich eine Organisation, die das Parteien-Privileg in Anspruch nimmt, gezielt nicht für ihre Anhänger", sagte Ramelow dem Magazin "Stern" (Samstag). Entschieden werde "wie früher" in Berlin.
Der Thüringer BSW-Landesverband dürfe keine Mitglieder aufnehmen, aber eine Liste einreichen. "Das heißt, 40 Mitglieder entscheiden, bestimmen und wählen. Und alle anderen aus dem Wartestand können später dann mal ihre Mitgliedsrechte ausüben, wenn es nichts mehr zu verteilen gibt."
Das BSW hat in Thüringen aktuell 47 Mitglieder, wie ein Parteisprecher am Samstag auf dpa-Anfrage sagte. Von Juni an würden weitere Mitglieder aufgenommen. Die Entscheidung über eine Aufnahme solle dann der Landesverband treffen und von der Bundesspitze der Partei bestätigt werden.
Das bisher vorsichtige Agieren des BSW bei der Aufnahme von Mitgliedern begründete der Sprecher damit, dass die Partei verhindern wolle, "von Andersdenkenden, die mit unseren Zielen und Ideen nicht konform gehen", unterwandert zu werden.
Ramelow: "Ist das eine Oligarchie oder ein Kalifat?"
Ramelow warf dem BSW vor, mit der auf eine Person zugespitzten Organisation die Parteiendemokratie "ad absurdum" zu führen. "Ist das eine Oligarchie oder gar ein Kalifat?", fragte er im "Stern".
Die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht gehörte viele Jahre der Linken an und war zeitweilig Linke-Fraktionsvorsitzende im Bundestag. Im Januar war die nach ihr benannte neue Partei gegründet worden.
Diese kam in Thüringen in einer Umfrage zur Landtagswahl zuletzt auf 16 Prozent der Stimmen, ebenso viel wie die Linke um ihren Spitzenkandidaten Ramelow.
Am 1. September wird in Thüringen ein neuer Landtag gewählt. Seit 2014 regiert Ramelow in einer Koalition mit SPD und Grünen, seit 2019 als Minderheitsregierung, da Rot-Rot-Grün im Landtag vier Stimmen zur Mehrheit fehlen.
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