Thüringens AfD-Boss Höcke stellt Strafanzeige gegen Verfassungsschutz-Chef Kramer
Erfurt - Thüringens AfD-Chef Björn Höcke (51) hat nach eigenen Angaben Strafanzeige gegen den Präsidenten des Thüringer Verfassungsschutzes, Stephan Kramer (*1968), gestellt. Hintergrund ist ein Interview des Verfassungsschützers.
"Wir sind bei ungefähr 20 Prozent braunem Bodensatz in der Bundesrepublik", antwortete Kramer vor Kurzem in einem Interview mit dem Norddeutschen Rundfunk (NDR) - unter anderem - auf die Fragen, was er zu den Menschen sagen könne, die AfD wählen sowie daran anknüpfend, wie groß der Anteil an Rechtsextremen ist.
Höcke zufolge hat Kramer damit 20 Prozent der Bevölkerung "pauschal [...] verunglimpft". Dabei verweist Thüringens AfD-Chef auf Paragraf 130 des Strafgesetzbuches ("Volksverhetzung").
Darin heißt es unter anderem:
"Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, [...] die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft."
"Hier liegt ein eindeutiger Verstoß gegen den erwähnten Paragrafen vor. Deswegen habe ich heute gegen ihn (Anm. d. Red: Stephan Kramer) Strafanzeige gestellt", twitterte Höcke am Donnerstag.
Kramer verteidigt Aussage
Der Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes, Kramer - zu dessen Vita auch zehn Jahre Generalsekretär des Zentralrates der Juden zählen - verteidigte hingegen seine Aussage. In einem am Donnerstagnachmittag veröffentlichten Beitrag der Frankfurter Allgemeine Zeitung sagte er: „Die Aussage ist zugegeben provokant und pointiert, aber so war sie auch gemeint."
Damit habe er auch gegen ihn gerichtete Anfeindungen seitens der AfD in den Wochen des Wahlkampfs etwas entgegensetzen wollen, heißt es. Das bedeute nicht, dass er ein Fünftel der Deutschen für Neonazis halte, aber Chauvinismus, Antisemitismus sowie autoritäre Einstellungen nähmen in der Bundesrepublik zu.
AfD-Sprecher Torben Braga (*1991) bezeichnete "die Behauptung" Kramers, es habe Anfeindungen seitens der AfD gegeben, via Twitter als "absurd". Es sei vielmehr so, dass er "mehrfach" Neutralitätspflicht verletzt und in den Wahlkampf eingegriffen habe. Auch dies werde juristisch aufzuarbeiten sein, so Braga.
Stephan Kramer hatte zuletzt laut übereinstimmenden Medienberichten im Gespräch mit dem israelischen Kan-Sender gesagt, er würde Deutschland mit seiner Familie im Fall einer Regierungsbeteiligung der AfD noch am selben Tag verlassen.
Originalmeldung um 13.35 Uhr, aktualisiert um 18.29 Uhr.
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