Ehemaliger Schüler enthüllt: "Höcke hat zur NS-Zeit nichts gelehrt"
Groß-Gerau - Björn Höcke ist eine der prägendsten und einflussreichsten Figuren der AfD. Doch bis zu seinem Einzug in den Thüringer Landtag war der 49-Jährige ein verbeamteter Lehrer in Hessen. Ein ehemaliger Schüler des AfD-Frontmanns erklärte gegenüber TAG24, dass eine auffällige Unterrichtslücke den Lehrplan Höckes schmückte.
André Alexander Kiefer ist Autor und Schriftsteller. Was viele nicht wissen: Er ist auch ein ehemaliger Schüler des heutigen AfD-Politikers Björn Höcke. Von 2002 bis 2003, also in der neunten und zehnten Klasse, war der heutige Vorsitzende der Thüringer AfD-Landtagsfraktion Kiefers Klassenlehrer auf der Martin-Buber-Schule in Groß-Gerau in Hessen, wie er in einem Gespräch mit TAG24 berichtet.
Die beiden haben eine besondere Verbindung zueinander: Zu Beginn der zehnten Klasse fuhr er mit Höcke auf Abschlussfahrt nach Italien an den Gardasse. Mitte der zehnten Klasse wurde Kiefer dann dank Höcke von der Schule geworfen. "Dazu sorgte er dafür, dass meine Schulpflicht aufgehoben wurde", erklärte der Autor.
Rund 20 Jahre später hat Kiefer nun ein Buch veröffentlicht. In der satirischen Autobiografie "Auf Klassenfahrt mit Björn Höcke" beschreibt er seine Schulzeit mit dem AfD-Mann als Klassenlehrer - mit einem besonderen Detail. Höcke soll in seinem Unterricht als Geschichtslehrer die Zeitepoche des Nationalsozialismus ausgelassen haben.
"Während meinen Recherchen für das Buch habe ich einige ehemalige Klassenkameraden darauf angesprochen, ob sie sich erinnern könnten, ob Höcke die NS-Zeit im Unterricht thematisierte oder das vielleicht tat, als ich die Schule schon verlassen hatte", so Kiefer.
"Ich für meinen Teil bin mir sicher, dass die NS-Zeit nie behandelt wurde, was mir mehrere Mitschüler auch bestätigt haben. Ein Schüler aus einer Parallelklasse, der Höcke ebenfalls als Geschichtslehrer hatte, bestätigte meinen Verdacht auch."
Als im MDR-Sommerinterview Kiefers Frage als Zuschauerfrage gestellt wurde, erklärte Höcke, dass er nach Lehrplan unterrichtet hat.
Deutsche Kultur und Ertüchtigung waren Höcke sehr wichtig
Seinen Unterricht gestaltete der AfD-Politiker "weniger langweilig" als manch andere Lehrkraft. "Das mag daran gelegen haben, dass er sich im Unterricht mit Themen beschäftigen konnte, die ihm selbst sehr am Herzen lagen. Nämlich deutsche Geschichte und körperliche Ertüchtigung (Sport)", sagt André Alexander Kiefer gegenüber TAG24.
Als junger, motivierter Lehrer lag es dem heute 49-Jährigen sehr am Herzen, seinen Schülern deutsche Kultur, deutsche Geschichte und deutsche Werte näherzubringen. "Er war allerdings immer sichtlich enttäuscht, wenn er merkte, dass die Schülerschaft nicht dieselbe Begeisterung dafür hat wie er", so Kiefer.
Sein frischer und motivierter Unterrichtsstil hatte laut Kiefer aber immer einen faden Beigeschmack von konservativer Beschränktheit.
"Er war nie offen für Dinge, die nicht seinem eigenen Weltbild entsprachen. Alles, was international war, war schlecht aus seiner Sicht. Alles Moderne genauso. Er wollte uns stets auf einen Weg leiten, der zwar für ihn als Dorfkind richtig erschien, bei uns aber nur Unverständnis hervorbrachte", betonte der Schriftsteller.
Als Mensch spielte Björn Höcke gerne den vertrauenswürdigen Lehrer. "Er profilierte sich gerne als etwas ganz besonderes, prahlte mit seinem Wissen und seinem trainierten Körper", teilte Kiefer mit und fügte hinzu:
"Wenn er nicht genug Respekt und Anerkennung bekam, verwandelte er sich schnell in einen boshaften autoritären Wutmenschen."
Es scheint so, als ob es zwischen dem Politiker und dem ehemaligen Lehrer Björn Höcke einige Parallelen in puncto Weltanschauung und Charakter gibt. "Auf Klassenfahrt mit Björn Höcke" ist im Allmacht-Verlag erschienen und kann unter anderem auf der Seite von Autor André Alexander Kiefer käuflich erworben werden.
Titelfoto: Boris Roessler/dpa