Fake News über Annalena Baerbock: Hat sie deutsche Wähler verunglimpft oder nicht?
Berlin - Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (41, Grüne) ist insbesondere seit ihrer Kanzlerkandidatur regelmäßig Ziel von gezielt gestreuter Desinformationen. Nun verbreiten sich im Internet falsche Behauptungen zu ihren Äußerungen bei einer Podiumsdiskussion in Prag.
In einem Artikel wird behauptet, die Außenministerin habe wörtlich gesagt: "Ich werde die Ukraine an die erste Stelle setzen, egal was meine deutschen Wähler denken oder ob sie demonstrieren: die Sanktionen bleiben auch im Winter."
Stimmt das?
Dieses Zitat ist falsch. Baerbock hat nicht gesagt, dass sie die Ukraine "an die erste Stelle" setzen würde, sondern dass sie solidarisch mit den Menschen in Deutschland bleibe, "genau wie mit jedem in der Ukraine".
Das sind die Fakten:
Annalena Baerbock sprach am Mittwoch auf der Konferenz "Forum 2000" in Prag, bei der unter anderem der Krieg in der Ukraine und die Energiepolitik Thema waren. An keiner Stelle sagte sie, die Ukraine "an die erste Stelle setzen" zu wollen oder dass es ihr egal sei, wenn deutsche Wähler demonstrieren.
Auch im Transkript des Mitschnitts findet sich keine Formulierung wie "in the first place". Hier wurden Halbsätze ergänzt, die ihre Worte verfälschen.
Komplettes Video auf YouTube abrufbar
Richtig lautet der Wortlaut wie folgt:
"Denn wenn ich als Politikerin das Versprechen gebe - und glücklicherweise gibt es in einer Demokratie die Möglichkeit, dass die Leute mir widersprechen und in vier Jahren sagen: 'Sie haben uns nicht die Wahrheit gesagt' - aber wenn ich dieses Versprechen an die Ukrainer gebe: 'Wir stehen so lange an eurer Seite, wie ihr uns braucht', dann möchte ich auch liefern, egal was meine deutschen Wähler denken, aber ich möchte für die ukrainische Bevölkerung liefern." (im Video etwa ab Minute 1:24:30)
Zur Frage, wie lange die Sanktionen gegen Russland aufrechterhalten werden sollten, sagte die Außenministerin: "Und wir haben nun die Winterzeit vor uns, wo wir als demokratische Politiker vor der Herausforderung stehen, dass die Bürger auf die Straße gehen werden und sagen: 'Wir können unsere Energierechnungen nicht mehr bezahlen'. Und ich sage: 'Ja ich weiß, deshalb helfen wir euch mit Sozialmaßnahmen'. Aber ich will nicht sagen: 'Ok, dann stoppen wir die Sanktionen gegen Russland'." (im Video etwa ab Minute 1:25:50)
Schließlich fasst sie zusammen - und sagt im Gegensatz zu dem Falschzitat: "Wir bleiben solidarisch mit jedem in unserem Land, genau wie mit jedem in der Ukraine." (im Video etwa ab Minute 1:26:36)
Annalena Baerbock wurde schon mehrfach falsch zitiert. So wurde eine Aussage zum Stromsparen frei erfunden und ein Zitat zur Energiekrise in einem falschen Kontext verbreitet.
Titelfoto: Bernd von Jutrczenka/dpa