FDP in Aufruhr: Partei hat vor der Neuwahl viele Probleme

Berlin - Ampel-Aus, zwei Rücktritte und ein Parteichef unter Beschuss: Hinter der FDP liegen turbulente Wochen. Die Liberalen scheinen mit größeren Schäden aus dem Ampel-Bruch hervorgegangen zu sein als SPD und Grüne. Am heutigen Dienstag stellen sie ihre Kampagne vor, mit der sie bis zur Neuwahl am 23. Februar noch aus dem Umfragetief kommen wollen. Doch welche Aussichten hat die FDP noch?

Der Bruch mit der Ampel hat der FDP bislang nicht geholfen.
Der Bruch mit der Ampel hat der FDP bislang nicht geholfen.  © dpa | Kay Nietfeld

Das Ampel-Ende traf die FDP nicht unvorbereitet. Vom Bruch der unpopulären "Ampel" - so der im "D-Day-Papier" formulierte Plan - sollte vor allem die FDP profitieren. Doch ihr Kalkül ging nicht auf: Sie gilt laut Umfragen als Hauptschuldige am Ampel-Aus. Der Aufschwung blieb aus, Generalsekretär Bijan Djir-Sarai und Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann kostete der Vorgang den Job.

Der Politikwissenschaftler Marc Debus von der Universität Mannheim glaubt, dass die FDP in der "Ampel" auch deshalb so aktiv zum Koalitionsbruch beigetragen hat, um ehemalige Wähler wieder zurückzugewinnen - "mit der Argumentation, dass die FDP die 'Notbremse' gezogen hat, um einen von den potentiellen FDP-Wählern bevorzugten grundlegenden Wandel in der Wirtschafts- und Finanzpolitik herbeizuführen", sagt Debus zu AFP.

In der "D-Day-Affäre" geriet auch Parteichef Christian Lindner (45) in Bedrängnis. Dass die beiden Rücktritte "Bauernopfer" waren, um ihn aus der Schusslinie zu bringen, dementierte Lindner. Wiederholt beteuerte der FDP-Chef, das Papier "nicht zur Kenntnis genommen" zu haben.

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Lindners ohnehin schwache Beliebtheitswerte sackten jedenfalls zuletzt weiter in den Negativbereich ab: Im aktuellen ZDF-"Politbarometer" ist von den Spitzenpolitikern nur AfD-Chefin Alice Weidel unbeliebter.

Die FDP - Eine Ein-Mann-Partei?

Parteichef Christian Lindner (45) scheint trotz mieser Umfragewerte das Gesicht der FDP zu bleiben.
Parteichef Christian Lindner (45) scheint trotz mieser Umfragewerte das Gesicht der FDP zu bleiben.  © dpa | Bernd von Jutrczenka

Lindner war parteiintern lange unumstritten. Schließlich war er es doch, der die Partei 2017 wieder in den Bundestag brachte. Vier Jahre später führte er die FDP in die "Ampel" - ein Fehler, wie viele in der Partei nicht erst rückblickend sagen. Rücktrittsforderungen von der Basis kamen aber zuletzt nur vereinzelt.

Parteienforscher Debus sieht Lindner daher weiter als "zentrale Führungsfigur in der Partei, die den inhaltlichen Kurs vorgibt". Lindner repräsentiere wie niemand sonst das programmatische Profil der FDP.

Drei bis vier Prozent in der Sonntagsfrage: Die Aussichten für die FDP sind indes schon lange schlecht. Lindner gab dennoch ehrgeizige Ziele aus: Zweistellig solle das Wahlergebnis werden, sagte er. Nötig wäre dafür eine ähnliche Aufholjagd wie 2021.

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2021 noch verhalf der FDP ihr kritischer Corona-Kurs zum kurzen Höhenflug. Dann wurden andere Themen wichtiger. Obwohl die Wirtschafts- und Finanzpolitik ein liberales Kernthema ist, konnte sie hier kaum punkten. Vom kritischen Positionen etwa zu Bürgergeld und Migration profitieren eher Union und AfD als FDP.

Den Grund sieht Debus in der "Ampel": Bei Wirtschaft und Sozialem "musste die FDP in der Ampelkoalition für sie schmerzhafte Kompromisse, etwa beim Bürgergeld, eingehen", erklärt er. Dies habe "in einem hohen und ständig anwachsenden Ausmaß an Unzufriedenheit in der FDP und ihrer Anhängerschaft mit der Ampelkoalition resultiert".

Themen wie ein schlanker Staat und niedrige Steuern könnten aber weiterhin eine gewisse Klientel ansprechen, meint Debus. Dies könne "die größte Chance für die FDP sein."

Titelfoto: dpa | Bernd von Jutrczenka

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