Wie rassistisch ist die Linke? Schwere Vorwürfe vom Landeschef
Hamburg - Der Hamburger Linken-Chef Keyvan Taheri (47) beklagt Rassismus in den eigenen Reihen. Führende Genossen werfen ihm nun parteischädigendes Verhalten vor.
Was ist bei den Hamburger Linken los? Nachdem Parteisprecher Keyvan Taheri in einem Facebook-Posting zuletzt Rassismus in den eigenen Reihen beklagt hatte, sahen sich führende Genossen genötigt, die Anschuldigungen zurückzuweisen. Taheri hat iranische Wurzeln, lebt allerdings bereits seit Jahrzehnten in Hamburg.
"Mit Befremden nehmen wir diese Vorwürfe zur Kenntnis", heißt es in einer Mitteilung der Linken-Parteispitze. Unterschrieben haben das Schreiben die Hamburger Fraktionsvorsitzenden Cansu Özdemir und Sabine Boeddinghaus, Landgeschäftsführer Martin Wittmaack sowie Landesschatzmeister Julian Georg.
Nach Aussagen der Linken-Politiker habe Keyvan Taheri die Vorwürfe noch nie in den Parteigremien thematisiert.
"Es lagen uns bisher keinerlei Hinweise auf rassistische Beleidigungen in diesen Gremien vor. Wir fordern Keyvan Taheri auf, seiner Verantwortung gerecht zu werden und seine bisher in keiner Weise konkretisierten Vorwürfe in die zuständigen Gremien einzubringen."
Linken-Politiker zeigen sich überrascht
Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung war ein Facebook-Posting von Taheri, in dem er sich mit der Linken-Splittergruppe "Die Antideutschen" auseinandersetzt, von deren Mitgliedern er sich diskriminiert fühlt.
So schrieb er: "...die Haltung gegenüber Migranten:innen und konkret gegen mich, ist untragbar. Ich bin in den letzten 30 Jahren noch nie so rassistisch in der Partei die Linke behandelt worden und lehne eine weitere Zusammenarbeit und Gespräche mit solchen Personen ab."
Im Gespräch mit TAG24 kritisierte Taheri, dass manche Parteifreunde im alltäglichen Umgang beleidigende Anspielungen auf seinen Migrationshintergrund machen würden.
"Da wird dann schon mal gesagt, dass es in meinem Kulturkreis emotionaler zuginge und ich daher einen höheren Gesprächsbedarf hätte", sagte Taheri.
Zwar seien die Genossen nicht platt diskriminierend. Die Beleidigungen seien unterschwelliger, sagte Taheri.
Mindestens zwei Hamburger mit Migrationshintergrund hätten die Partei daher bereits verlassen, behauptete er. Namen wollte er allerdings nicht nennen, da er nur für sich selbst sprechen könne. Das Thema habe er aber auch schon seit einiger Zeit mehrfach in Parteigremien angesprochen.
"Ein solches Vorgehen ist parteischädigend"
In ihrem Schreiben verweisen die Hamburger Linken hingegen darauf, dass in ihren Reihen seit vielen Jahren Menschen mit Migrationshintergrund Verantwortung in Führungspositionen haben. Dazu zähle etwa der Vizepräsident der Bürgerschaft, der Landesschatzmeister sowie Kandidaten für Landes- und Bundestagswahlen. "Anders lautende Vorwürfe sind sachlich falsch und politisch verwerflich", so die Linken.
Die Verfasser räumen ein, dass die Linke nicht völlig frei vom strukturellen Rassismus der Gesellschaft sei. "Doch wir sind uns dieses Problems bewusst und nehmen solche Vorwürfe sehr ernst."
Die Linken-Politiker werfen ihrem Landeschef vor, dass er keinerlei Belege für seine Anschuldigungen vorbringe. "Keyvan Taheri instrumentalisiert die Vorwürfe, um im Vorfeld des Landesparteitages im September seine innerparteilichen Gegner und Gegnerinnen bloßzustellen. Ein solches Vorgehen ist parteischädigend." Allen Menschen, die täglich mit Rassismus zu kämpfen hätten, leiste er einen Bärendienst.
Im Februar war ein Abgeordneter aus der Fraktion ausgetreten
Den Vorwurf von parteitaktischen Spielchen weist Keyvan Taheri zurück.
Er wolle beim Landesparteitag aus beruflichen Gründen nicht noch einmal kandidieren. Das sei in der Partei auch bekannt.
Im Februar war der Bürgerschaftsabgeordnete Mehmet Yildiz (44) wegen interner Querelen aus der Linksfraktion ausgetreten. Als Grund hatte er ebenfalls Rassismus in der Partei angegeben.
Parteimitglieder hatten ihm hingegen Nähe zur Querdenkerszene unterstellt.
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