Linken-Politiker mit mahnenden Worten: "Müssen unsere Denkfaulheit überwinden"

Erfurt - Thüringens Staatskanzleichef und Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff (46, Linke) hat seine Partei zur inhaltlichen und strukturellen Erneuerung aufgerufen.

Für Benjamin-Immanuel Hoff (46, Linke) waren die schlechten Wahlergebnisse und negativen Schlagzeilen der vergangenen Wochen ein Weckruf. Er fordert Veränderungen seiner Linkspartei.
Für Benjamin-Immanuel Hoff (46, Linke) waren die schlechten Wahlergebnisse und negativen Schlagzeilen der vergangenen Wochen ein Weckruf. Er fordert Veränderungen seiner Linkspartei.  © Wolfgang Kumm/dpa

"Wir werden auch inhaltliche Positionen überdenken müssen. Die Frage ist, ob das Überdenken von inhaltlichen Positionen immer gleich ein Problem ist", sagte Hoff der Deutschen Presse-Agentur. Als Beispiel nannte er die umstrittene Position der Linken zum Verteidigungsbündnis Nato.

Die Linke vertrete seit 1995 die Auffassung, dass die Nato durch ein kollektives europäisches Sicherheitsbündnis unter Einbindung Russlands abgelöst werden solle. "Aber wir haben es in den 27 Jahren nicht geschafft, zu sagen: Wie soll das geschehen und was heißt das in einer sich verändernden Welt", erläuterte Hoff.

Die Position sei aus einer Zeit vor der Nato-Osterweiterung, vor dem Krieg zwischen Russland und Georgien, vor der Annexion der Krim durch Russland und vielen anderen Ereignissen, zählte Hoff auf. "Wenige Jahre nach Auflösung des Warschauer Paktes war dieses Thema einfach anders als 27 Jahre später."

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Es müsse nicht bedeuten, dass die Position komplett falsch sei, aber man müsse den Leuten erklären, was genau damit gemeint sei. "Diese Art von Denkfaulheit müssen wir überwinden", betonte Hoff.

Sexismusvorwürfe, Rücktritt: Die Linken in der Krise

Ministerpräsident? Ja! Führungsamt im Bund? Nein! Bodo Ramelow (66, Linke) hat seine Intentionen deutlich gemacht.
Ministerpräsident? Ja! Führungsamt im Bund? Nein! Bodo Ramelow (66, Linke) hat seine Intentionen deutlich gemacht.  © Martin Schutt/dpa

Seiner Einschätzung nach gebe es bei den Linken ein Gefühl, dass Veränderungen zugleich bedeuteten, den Charakter der Partei aufzugeben. Dem sei aber nicht so. "Weil man sich verändert, heißt es ja nicht, dass man sich aufgibt", betonte Hoff. Ein neuer Parteivorstand müsse seiner Meinung nach diesen inhaltlichen Prozess begleiten.

Die Kultur, die sich bei den Linken eingeschliffen habe, bringe die Partei nicht weiter. "Eine Partei, die intern nicht solidarisch miteinander umgeht, kann auch schlecht glaubhaft nach Außen für mehr Solidarität eintreten."

Die Linke befindet sich bundesweit nach schlechten Wahlergebnissen, inneren Streitigkeiten und den zuletzt bekannt gewordenen Sexismusvorwürfen in einer tiefen Krise. Die bisherige Co-Bundesvorsitzende Susanne Hennig-Wellsow (44) ist bereits zurückgetreten.

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Bei einem Bundesparteitag in Erfurt soll der gesamte Parteivorstand der Linken neu gewählt werden. In Thüringen ist die Linke im Landtag stärkste Kraft und stellt mit Bodo Ramelow (66) den bisher einzigen Linken Ministerpräsidenten in Deutschland.

Ähnlich wie Hoff mahnte auch Ramelow seine Partei, sich inhaltlich zu sortieren. "Wir müssen uns überhaupt erst einmal einigen, wofür wir eigentlich stehen", sagt er der Wochenzeitung Die Zeit (Donnerstag).

Zugleich machte er klar, dass er für eine Führungsaufgabe in seiner Partei nicht zur Verfügung steht. "Das ist nicht meine Aufgabe, das war auch nicht meine innere Verabredung", teilte Ramelow gegenüber der Zeitung mit.

Titelfoto: Wolfgang Kumm/dpa

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