Muss Bodo Ramelow die Vertrauensfrage stellen? Politologe wird deutlich
Erfurt - Nach dem Durchsetzen einer Steuersenkung in Thüringen mithilfe der AfD sollte die CDU nach Ansicht des Erfurter Politologen André Brodocz (54) ein konstruktives Misstrauensvotum gegen die rot-rot-grüne Landesregierung anstrengen.
"Die politische Stabilität unserer Demokratie beruht darauf, dass die Regierung eine stabile Mehrheit im Parlament hat", sagte Brodocz am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Wenn es nun eine offensichtliche stabile Mehrheit in der Opposition gebe, "dann sieht unsere Demokratie vor, dass diejenigen, die die Mehrheit haben, auch die Verantwortung übernehmen zum Regieren".
Seiner Meinung nach müsse sich auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (67, Linke) mit dem Gedanken auseinandersetzen, ob er die Vertrauensfrage stellt. "Er hat eine Mehrheit gegen sich", betonte Brodocz.
Im Thüringer Landtag wurde am Donnerstag ein CDU-Gesetzentwurf zur Absenkung der Grunderwerbssteuer von 6,5 Prozent auf 5 Prozent von der Opposition verabschiedet. Die nötige Mehrheit kam zustande, weil neben der CDU auch die Abgeordneten von AfD, FDP und Fraktionslose dafür stimmten.
Das Agieren der Christdemokraten wurde teils heftig kritisiert. Die Bundes-CDU verteidigte aber das Vorgehen der Thüringer Parteikollegen.
Wird im Thüringer Landtag das konstruktive Misstrauensvotum gestellt?
Thüringens CDU-Fraktionschef Mario Voigt (46) hatte das Vorgehen unter anderem damit erklärt, dass man wichtige Entscheidungen nicht davon abhängig machen könne, ob "die Falschen" zustimmten. Der Politikwissenschaftler Brodocz sagte, das Argument habe auf einzelne Entscheidungen reduziert etwas für sich, man müsse aber den politischen Kontext mit betrachten.
Die CDU agiere in Thüringen aus einer Oppositionsrolle heraus "und ist offensichtlich in der Lage, zusammen mit der AfD Mehrheiten gegen die Minderheitsregierung herzustellen", teilte er mit. Die Verfassung sehe für solche Fälle das konstruktive Misstrauensvotum vor.
"Der Landtag kann dem Ministerpräsidenten das Misstrauen nur dadurch aussprechen, dass er mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt", heißt es in der Thüringer Landesverfassung. Anders als bei einer normalen Ministerpräsidentenwahl gibt es aber nur einen Wahlgang.
"Die CDU müsste konsequenterweise ihren Landes- und Fraktionsvorsitzenden als Kandidaten nominieren und dann zur Abstimmung stellen. Und in ihrer eigenen Logik würde das auch bedeuten: Darüber müsste sie nicht mit der AfD reden", erläuterte Brodocz.
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