"200 Meter neben uns fiel eine Bombe": Darum macht sich Wagenknechts Sachsen-Chefin für Frieden stark
Zwickau - Am 1. September wird in Sachsen ein neuer Landtag gewählt. Die Morgenpost hat die Spitzenkandidaten der aussichtsreichsten Parteien an ihren Lieblingsplätzen getroffen. Im Gespräch erzählten die Politiker, was sie inspiriert, welche Hobbys sie pflegen und was sie tagtäglich bei ihrer Arbeit motiviert. Den Reigen eröffnet: Sabine Zimmermann (63) vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW).
Der Schwanenteich in Zwickau glitzert in der Morgensonne. Der beliebte Bootsverleih hat noch geschlossen. Trotzdem sind die Parkanlagen bereits gut besucht. Junge Muttis schieben Kinderwagen um den Teich. Betagte Paare sitzen auf schattigen Bänken und genießen den Blick aufs Wasser.
"Ich komme oft mit meinen Enkeln hierher. Hier gibt es einen tollen Spielplatz. Außerdem kann man wunderbar Schwäne und Enten beobachten und dabei Eis essen", schwärmt Sabine Zimmermann. Lächelnd schweift ihr Blick umher: "Ich bin gerne im Wald und im Grünen, um dort die Ruhe zu genießen und Kraft zu tanken."
Die Natur schenkt ihr inneren Frieden, erklärt die BSW-Landesvorsitzende. Frieden überall auf der Welt - das ist ihr großes Thema politisch und auch persönlich. Zimmermann war mit ihren Enkeln im Oktober 2023 in Israel im Urlaub, als Terrorkommandos der islamistischen Hamas das Land überfielen. "200 Meter neben uns fiel an einer Bushaltestelle eine Bombe nieder. Wir hatten zusammen tagelang Todesängste, bis wir endlich ausreisen konnten. Das werde ich mein Leben lang nicht vergessen."
Die aktuelle Meldung, dass das SPD-Präsidium der Stationierung weitreichender US-Raketen in Deutschland zustimmt, bringt sie an diesem Tag sichtlich in Rage. "Wir machen uns damit zur Zielscheibe", wettert sie. Obwohl deutsche Außenpolitik keine Länder-, sondern Bundessache ist, knüpft BSW in Sachsen und Thüringen den Ausgang von möglichen Koalitionsgesprächen an Bedingungen.
Die Wagenknecht-Anhänger wollen, dass deutsche Waffenlieferungen gestoppt und Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg begonnen werden.
"Die AfD nennt sich Friedenspartei, ist aber keine", so Sabine Zimmermann
"Die Länder müssen Zeichen setzen", fordert Zimmermann. In der Sache sieht sie da in Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (49, CDU) durchaus einen Partner - wohl aber nicht in Friedrich Merz (68), dem CDU-Chef im Bund.
Die Werdauerin erklärt weiter: "Die AfD nennt sich Friedenspartei, ist aber keine. Auf Bundesebene stimmt die Partei jedem Aufrüstungsantrag zu."
Sabine Zimmermann ist eine erfahrene Vollblutpolitikerin. Aus tiefster innerer Überzeugung setzt sie sich seit gut 30 Jahren für soziale Gerechtigkeit ein und unterstützt Vereine wie die Tafel. In den vergangenen Monaten hat sie als Vertraute von Sahra Wagenknecht BSW in Sachsen aufgebaut. An Ruhestand mag die Rentnerin und Oma von sechs Enkeln nicht mehr denken, seit Umfragen das Bündnis im Sächsischen Landtag sehen.
Sie gibt sich tatendurstig, sieht Politik-Versäumnisse: "Ich höre jede Woche von meinen Enkelkindern, wie viel Unterricht ausfällt. Da muss sich was ändern. Die medizinische Versorgung steht vielerorts auf der Kippe. Hausarztpraxen schließen, Krankenhäuser sind bedroht von Insolvenz. Wir wollen ambulante und stationäre Versorgung besser verbinden und den Rettungsdienst neu gestalten."
Karrierestart bei der SPD
Sabine Zimmermann wurde 1960 in Pasewalk geboren. Die gelernte Baustofftechnologin engagiert sich seit 1992 im DGB in Zwickau.
Ihre politische Karriere begann sie in der SPD. Aus Unzufriedenheit mit den Hartz-IV-Gesetzen trat sie 2005 aus der Partei aus und 2007 in die Linke ein.
Sie zog im selben Jahr noch in den Bundestag ein. 2021 stellte die sächsische Linke sie nicht mehr zur Wahl auf, um einen Generationenwechsel einzuleiten, wie es hieß.
Im Oktober 2023 verkündete sie dann gemeinsam mit Sahra Wagenknecht den Austritt aus der Linken.
Titelfoto: Kristin Schmidt