"Wir gegen die" und TikTok: Wieso die AfD bei jungen Wählern so gut ankommt
Leipzig - Bei den gestrigen Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen konnte die AfD besonders bei jungen Wählerinnen und Wählern punkten. In einem Interview mit der Universität Leipzig spricht Politikwissenschaftlerin Charlotte Meier über mögliche Gründe für diese Entwicklung.
"Was bei der AfD im Vergleich zu den Volksparteien auffällt, ist, dass die AfD junge Menschen ernst nimmt und sie dort abholt, wo sie sind", erklärt Meier.
Die in Teilen als rechtsextrem eingestufte Partei habe insbesondere die Nutzung von Social Media - wie beispielsweise auf TikTok - zur Ansprache junger Wähler perfektioniert: Dabei gehe es nicht um den Aufsprung auf jeden neuen Trend oder das Teilen lustiger Memes, sondern viel mehr um die Veröffentlichung prägnanter politischer Inhalte.
Kurze und knappe Ausschnitte aus Wahlkampf-Reden, Interviews zu aktuellen Themen - all das rufe bei AfD-Followern nämlich das Gefühl hervor, "als politisch mündige Bürger:innen" ernst genommen zu werden, so Meier.
Mithilfe von populistischer Rhetorik gelinge es der AfD immer besser, die allgemeine Enttäuschung und Wut über die Ampel-Regierung für ihre eigenen Zwecke auszunutzen: "Komplexe Phänomene werden auf simple Phrasen reduziert und immer wieder wiederholt - zum Beispiel 'Messermänner' - und mit simplen Lösungen wie 'Abschieben, abschieben, abschieben' konterkariert."
Diese Rhetorik à la "Wir gegen die" - also das vermeintlich vernünftige Volk gegen die korrupte Elite - stoße besonders in strukturschwachen und von der Politik lange vernachlässigten Regionen auf fruchtbaren Boden.
AfD macht sich "Wir gegen die"-Gefühl zunutze
Angesichts der "extrem besorgniserregenden" Wahlergebnisse - 36 Prozent der unter 30-jährigen Thüringer gaben der AfD ihre Stimme - verdeutlicht Meier: "Eine Radikalisierung von Jugendlichen darf nicht unterschätzt werden!"
Als Hauptkonfliktpunkt des generationalen Populismus macht Meier vor allem die Unterschiede zwischen den jüngeren und älteren Generationen aus. Diese Differenzen bergen "enormes Potenzial für Mobilisierung" - sowohl nach links mit Projekten wie "Fridays for Future" als auch nach rechts in Richtung Radikalisierung.
"Teil eines 'Wir' zu sein ist besonders für Jugendliche sehr wichtig", erläutert Meier. "Das wurde in rechten Kreisen gut erkannt. Dort wird aktiv daran gearbeitet, auch junge Menschen miteinzubeziehen, etwa durch sogenannte 'Active Clubs', Kampfsportvereine mit neonazistischem Hintergrund."
So gelingt es der AfD immer besser, ein Gemeinschaftsgefühl herzustellen und mit rechtspopulistischer Rhetorik mehr Menschen für die rechtsextreme Szene zu begeistern.
Titelfoto: Montage Colourbox ; Christoph Reichwein/dpa