Riesa im Ausnahmezustand: Wie der AfD-Parteitag eine ganze Stadt beunruhigt

Riesa - Das zurückliegende Wochenende erlebte Riesa im Ausnahmezustand. Am Rande des AfD-Bundesparteitages in der WT-Arena kam es zu zahlreichen Demonstrationen mit insgesamt über 10.000 Teilnehmern. Die Polizei riegelte am Samstag großräumig die Stadt ab.

Janette Krake (45) hatte große Sorge, dass es Randale geben würde. "Aus Angst mache ich das Geschäft aber nicht zu", sagte sie trotzig.  © Norbert Neumann

"Ich kam von der Nachtschicht im Stahlwerk Glaubitz und wollte gegen 7 Uhr mit dem Auto heimfahren. Weil die Polizei die Elbbrücke gesperrt hatte, musste ich fast eine Stunde heimlaufen", berichtete Heiko Ecke (56) Sonnabendmorgen.

"Kann man solche Parteitage nicht irgendwo im Nirgendwo abhalten? Ich finde es nicht in Ordnung, wenn Straßen und Brücken durch Demonstranten blockiert werden."

Riesas Einkaufsmeile war am Vormittag fast verwaist.

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Viele Läden zu. Janette Krake (45) vom "Blumeneck" auf der Hauptstraße berichtete, dass ihre Angestellte sie aus dem Bett geklingelt hat.

"Sie konnte wegen der Sperren nicht zur Arbeit fahren. Ich bin dann selbst in den Laden geeilt, denn ich wollte die Kunden nicht enttäuschen, die Blumen vorbestellt hatten." Nennenswert weitere Kundschaft kam über den Tag nicht dazu. Krake: "Ich rechne mit 90 Prozent Umsatzeinbußen."

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Heiko Ecke (56) ist Maschinenführer im Stahlwerk Glaubitz. Nach der Nachtschicht musste er zu Fuß nach Hause laufen.  © Norbert Neumann

Riesaerin stellt viele junge Leute unter den Demonstrierenden fest

Jennifer Katzke (31) arbeitet in der Pflege. Dort tauschten Kollegen Schichten, weil sie nicht wie gewohnt zum Dienst fahren konnten.  © Norbert Neumann

Jennifer Katzke (31) war über Mittag auf der Hauptstraße für Besorgungen. Sie erzählte: "Ich arbeite bei einem Pflegedienst. Wir hatten heute Morgen per Telefon eine Krisensitzung. Kollegen konnten wegen der Sperrungen nicht über die Elbe zum Dienst kommen."

Katrin (53) lief am Samstag kreuz und quer durch die Stadt, um sich ein eigenes Bild der Lage zu machen.

Sie hatte Angst um ihre Heimatstadt und freute sich, dass fast alle Proteste friedlich verlaufen waren: "80 Prozent der Demonstrierenden sind junge Leute. Für die ist das ein Party-Wochenende."

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Art und Umfang der Polizei-Präsenz fand sie völlig angemessen. "Die AfD sollte ihre Parteitage abhalten können wie andere Parteien auch."

Die Hauptstraße ist die Einkaufsmeile von Riesa. Am Sonnabendmorgen und -mittag war sie teilweise menschenleer. Zahlreiche Geschäfte hatten geschlossen - auch aus Angst vor Ausschreitungen.  © Norbert Neumann

Riesaer OB zieht gemischte Bilanz

Corina Hundt (54) ärgerte sich, dass das öffentliche Leben wegen der Veranstaltungen und der Polizeieinsätze zum Erliegen kam.  © Norbert Neumann

Corina Hundt (54) bedrückte die Atmosphäre in der Stadt: "Ich komme mir vor wie eingesperrt." Trotzdem zeigte sie Verständnis für die vielen örtlichen Absperrungen und Kontrollen der Polizei: "Die machen hier nur ihren Job. Aber was das kostet, will ich nicht wissen."

Riesas Oberbürgermeister Marco Müller (49, CDU) zog Sonntagabend eine "sehr gemischte" Bilanz.

Er hatte an beiden Tagen Brennpunkte des Versammlungsgeschehens besucht.

"Ich bin froh, dass alle Veranstaltungen stattfinden konnten und es dabei keine nennenswerten Schäden in der Stadt gab. Trotz der bislang bekannten Vorfälle danke ich ausdrücklich der Polizei für ihre hochprofessionelle Arbeit."

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