Polizei-Großaufgebot, tausende Demonstranten: Was rund um den AfD-Parteitag in Riesa los war

Riesa - Eigentlich hat die in großen Teilen rechtsextreme AfD in Sachsen starken Rückhalt, hat sich vermutlich deshalb dazu entschlossen, ihren Bundesparteitag in Riesa abzuhalten.

Im Tagesverlauf wurden mehrere Demonstrationszüge gestoppt.
Im Tagesverlauf wurden mehrere Demonstrationszüge gestoppt.  © dpa/Jan Woitas

Doch auch hier gingen über 10.000 Protestierer mit dem erklärten Ziel auf die Straße, den Parteitag zu verhindern. Nicht an allen Ecken blieb es friedlich.

Schon vor sechs Uhr am Morgen waren die Wege zur Stahlstadt von Blaulicht umgeben: Um die Anfahrt nach Riesa kontrollieren zu können, hatte die Polizei viele Strecken dorthin gesperrt.

Aus dem gesamten Bundesgebiet waren nach Veranstalter-Angaben bis zu 15.000, nach Polizeikreisen rund 10.000  Demonstranten gegen die AfD nach Riesa angereist.

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200 Busse luden die Aktivisten in der Stadt ab, am Freibad kamen die Autofahrer an, doch auch der Zug brachte rund 2500 Demonstranten in die Stadt.

Vom Bahnhof aus starteten diese gegen 7.23 Uhr, eine Viertelstunde später die erste Auseinandersetzung mit der Polizei: Sollte der Zug nach links in die Rudolf-Breitscheid-Straße abbiegen, versuchte der Frontblock durch die Polizeikette zu brechen und geradeaus weiterzulaufen.

Linken-Spitze verurteilt Angriff auf Politiker Nam Duy Nguyen

Die Polizei ermittelt nun gegen eigene Beamte, nachdem sich der Linken-Landtagsabgeordnete am Rande des Einsatzes Verletzungen zugezogen hatte.
Die Polizei ermittelt nun gegen eigene Beamte, nachdem sich der Linken-Landtagsabgeordnete am Rande des Einsatzes Verletzungen zugezogen hatte.  © Sebastian Kahnert/dpa

Rund hundert Teilnehmer schafften das, den Rest drängte die Polizei wieder zurück auf die geplante Strecke.

Doch auf dieser war kurz nach 8 Uhr an der Kreuzung zur Berliner Straße Schluss.

Wegen zahlreicher Blockaden war plötzlich die ursprüngliche Route der Demonstranten einer der letzten möglichen Zugangswege für Parteitagsdelegierte.

AfD-Bundesparteitag in Sachsen: Polizei rechnet mit 10.000 Demonstranten
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So hatten sich Blockierer in der Bundesstraße 169 auf die Fahrbahn betoniert, im Osten Riesas hatten Blockierer ein Tripod errichtet. So hielt die Polizei die Demonstration in der Breitscheid-Straße über zwei Stunden fest.

Das führte zu Unmut und mehreren Ausbruchsversuchen, gegen die die Polizei mit Pfefferspray vorging. Auch rissen Ausbrecher einen Zaun um.

Doch an dieser Stelle ermittelt nun die Polizei auch gegen eigene Beamte. Der Linken-Landtagsabgeordnete Nam Duy Nguyen (29) soll nach Angaben der Partei kurz nachdem die Demo wieder laufen konnte von der Polizei bewusstlos geschlagen worden sein. Er war als parlamentarischer Beobachter vor Ort, deshalb auch mit einer entsprechenden Warnweste bekleidet. Nun ermittelt die Polizei wegen Körperverletzung im Amt.

"Es tut uns sehr leid, dass ein Abgeordneter und sein Begleiter im Zuge des Polizeieinsatzes zu Schaden kamen", so Polizeipräsident Lutz Rodig (61). "Dies war mit Sicherheit nicht die Intention unseres polizeilichen Handelns."

Die Linken-Spitze ist entsetzt: "Wir fordern alle Parteien in Sachsen und bundesweit auf, diesen Angriff ohne Wenn und Aber zu verurteilen", so die Bundesvorsitzende Ines Schwerdtner (36). Innenminister Armin Schuster (63, CDU) versprach konsequente Aufklärung.

AfD-Parteitag ging mit Verspätung los

Bis Alice Weidel (45) am Parteitag eintraf und nach ihrer Wahl als Kanzlerkandidatin eine Deutschlandfahne schwenken konnte, verging einige Zeit. Die Versammlung ging später los.
Bis Alice Weidel (45) am Parteitag eintraf und nach ihrer Wahl als Kanzlerkandidatin eine Deutschlandfahne schwenken konnte, verging einige Zeit. Die Versammlung ging später los.  © Sebastian Kahnert/dpa

Der Parteitag konnte unterdessen nicht wie geplant um 10 Uhr starten.

Noch immer kam es zu Blockaden: Kurz nach 11 Uhr blockierten Aktivisten am Puschkin-Platz.

Zwei Busse mit AfD-Delegierten, darunter Karsten Hilse (60) und Matthias Moosdorf (60), steckten fest: "Du bist ein Faschist, weil du die Demokratie verhinderst", schrie Hilse einem Demonstranten entgegen.

Eine halbe Stunde später hatte die Polizei die Blockade geräumt, sodass die Busse weiterfahren konnten.

Doch dabei kam es immer wieder zu Blockadeversuchen rund um den Alexander-Puschkin-Platz. Die Polizei konnte diese jedoch verhindern.

Auch die AfD-Kanzlerkandidatin und Bundessprecherin Alice Weidel (45) wurde durch eine Blockade aufgehalten.

Währenddessen hatten sich tausende Demonstranten vor der WT-Arena, wo der Parteitag stattfand, versammelt. Hier lauschten sie Reden oder Musikgruppen wie der Berliner Skatepunk-Band "ZSK".

Wie viele Straftaten der Polizei bekannt sind

Die Polizei sicherte die Veranstaltung ab und erreichte ihr Ziel: das Recht auf Versammlungsfreiheit zu gewähren.
Die Polizei sicherte die Veranstaltung ab und erreichte ihr Ziel: das Recht auf Versammlungsfreiheit zu gewähren.  © dpa/Jan Woitas

Mit mehreren Abreisedemos verließen die meisten Demonstranten bis 16 Uhr die Stadt.

Die Polizei spricht zum Abend von sechs leicht verletzten Beamten, ermittelt wegen 34 Straftaten, wie zum Beispiel wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte oder Sachbeschädigung und Nötigung.

Der Polizeipräsident zeigt sich zufrieden: "Wir haben unsere Ziele erreicht: Der Parteitag findet statt. Damit sind wir unserer Verpflichtung, Parteiveranstaltungen unabhängig ihrer politischen Ausrichtung zu schützen, nachgekommen", so Lutz Rodig.

"Gleichzeitig hat die Polizei den Protest in Sicht- und Hörweite ermöglicht und damit das Recht auf Versammlungsfreiheit gewahrt."

Der Parteitag startete mit zwei Stunden Verspätung, wird am Sonntag fortgesetzt.

Auch hier wird die Polizei vor Ort sein, es wird allerdings nicht mit so massivem Protest wie am Sonnabend gerechnet.

Titelfoto: dpa/Jan Woitas

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