Mit Live-Musik, Bratwurst und Schokokuchen: Hunderte Pirnaer demonstrierten am Rathaus gegen AfD-OB
Pirna - "Alle zusammen für Solidarität und Offenheit": Unter diesem Motto demonstrierten am Dienstagabend mehrere Hundert Menschen am Pirnaer Rathaus, wollten so eine Antwort auf die Wahl des neuen AfD-Oberbürgermeisters Tim Lochner (54, parteilos, trat für die AfD an) geben. Der war tags zuvor im Stadtrat vereidigt worden und hatte mit einer Schweigeminute für russische Anschlagsopfer überrascht.
Bunte Fahnen und Luftballons, Transparente ("Pirna? Nazifrei!"; "Noch haben wir die Wahl"), Live-Musik, Bratwurst und Schokokuchen: Mehr als 600 Menschen demonstrierten am Marktplatz gegen Hetze, für ein weltoffenes und solidarisches Pirna.
"Die Vereidigung eines AfD-Oberbürgermeisters darf nicht als Normalität akzeptiert werden. Wir dürfen nicht schweigen, wenn rassistische und menschenfeindliche Ideologien Einzug in unsere Kommunalpolitik nehmen", sagte CSD-Pirna-Vorstand Klaus Peter Elgner (37) vom Aktionsbündnis "Pirna ist bunt".
"Durch Herrn Lochner wird unsere Arbeit erschwert, Diskriminierung nimmt zu. Wir waren Sachsens erste Stadt, die eine Regenbogenfahne am Rathaus aufhängen durfte. Das hat er nun verboten."
Neben vielen jüngeren Demonstranten kam auch Stephanie Heinze (71). "Um zu zeigen, dass uns rechte Politik in Pirna nicht behagen wird", sagt die Einwohnerin.
Rat und Publikum von Lochners Gedenkaufruf irritiert
Vor Ort auch Stadträte, die der Vereidigung Lochners am Montag beigewohnt hatten. Mit seinem Gedenkaufruf für die Terror-Opfer des Anschlags in einer Konzerthalle nahe Moskau (mindestens 137 Tote) hatte Lochner Teile des Rates und Publikums irritiert.
"Es war sehr einseitig. Er hätte auch den Opfern in der Ukraine, Israel und Gaza mitgedenken können. Ich bin mit aufgestanden, aber hatte ein ungutes Gefühl", sagt Ralf Wätzig (50, SPD), Vorsitzender der Fraktion Grüne/SPD.
Rätin Maria Giesing (62, Grüne) fand es "bedenklich" und fragt sich auch, was das mit der Pirnaer Stadtpolitik zu tun haben soll.
Stadtrat Gernot Heerde (71, nicht auf der Demo) von der CDU fand Lochners Aufruf "ein bisschen ungewöhnlich", aber wegen der Aktualität vertretbar.
Zu Störungen war es im weiteren Verlauf der Stadtrats-Sitzung unter Lochners Leitung nicht gekommen. Auch die Demo verlief bis zum Abend ohne Zwischenfälle.
Titelfoto: Bildmontage: Eric Münch (2)