AfD-Mann könnte Oberbürgermeister werden: Jörg Prophet im Visier des Verfassungsschutzes?
Nordhausen/Erfurt - Kurz vor der Stichwahl um das Oberbürgermeister-Amt in Nordhausen am Sonntag (24. September) gerät AfD-Kandidat Jörg Prophet (61) in negative Schlagzeilen.
Im Thüringer Verfassungsschutzbericht 2021 geht es auf Seite 22 um ein "Mitglied der AfD-Fraktion des Kreistages Nordhausen" und dessen "Post vom 15. Februar". In der Folge widmet man sich - über mehrere Abschnitte - bis auf Seite 23 jenem "Mitglied".
Laut übereinstimmenden Medienberichten handelt es sich dabei um Jörg Prophet, der im ersten Wahlgang zum Oberbürgermeister von Nordhausen 42,1 Prozent der Stimmen erzielte. Der parteilose Amtsinhaber Kai Buchmann (47) kam lediglich auf 23,7 Prozent!
Tatsächlich ist auf der Website der AfD Nordhausen sowie auf der Facebookseite "AfD Kreisverband Nordhausen" ein Beitrag zu finden, dem sich im Bericht aufgelistete Zitate zuordnen lassen. Der Beitrag endet mit den Worten "Ihr Jörg Prophet".
Dem "Mitglied" wird im Bericht der Verfassungshüter unter anderem vorgeworfen, "durch gezielte Täter-Opfer-Umkehr die zivilen Opfer der Bombenangriffe auf Dresden 1945 in einen Kausalzusammenhang mit der heutigen Situation der AfD" zu stellen. Auch schreite der Verfasser "ein geschlossenes geschichtsrevisionistisches Weltbild aus".
Kritik am Thüringer Verfassungsschutzbericht
Den Zusammengang zwischen dem Beitrag auf der Website der AfD Nordhausen und den Zitaten im Verfassungsschutzbericht entdeckt, hat laut MDR Jens-Christian Wagner.
Der Historiker und Stiftungsleiter der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora hatte zuletzt bereits hinsichtlich der "Teilnahme an Gedenkveranstaltungen" Konsequenzen für Prophet angekündigt.
Im Thüringer Verfassungsschutzbericht 2021 heißt es auch: "Das AfV (Anm. d. Red.: Amt für Verfassungsschutz) hat den AfD-Landesverband Thüringen [...] zu einer erwiesen rechtsextremistischen Bestrebung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung erhoben."
Zuletzt wurde der Thüringer Verfassungsschutzbericht 2021 in Hinblick auf die Verfassungsfeindlichkeit des gesamten AfD-Landesverbandes von einem Thüringer Verwaltungsgericht scharf kritisiert. Hintergrund war eine vorläufige Gerichtsentscheidung in Bezug auf den Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse eines AfD-Mitglieds.
Der Verfassungsschutz sowie seine Landesämter sind grundsätzlich nicht unumstritten. Wer als "verfassungsfeindlich" gelte, das sei gesetzlich nicht genau definiert. Was das eine Landesamt schon für demokratiegefährdend halte, halte das andere noch für legitim. Es komme darauf an, wer das Sagen habe, schreibt Ronen Steinke, promovierter Jurist sowie Autor und Redakteur der Süddeutschen Zeitung, in seinem in diesem Jahr veröffentlichten Buch "Verfassungsschutz. Wie der Geheimdienst Politik macht".
Titelfoto: Silvio Dietzel