"Erschütternd": Mehr als 100 Rechtsextreme arbeiten für AfD im Bundestag!

Berlin - Die AfD beschäftigt über 100 Mitarbeiter aus dem rechtsextremen Milieu im Bundestag. Darunter Neonazis, Identitäre und Burschenschaftler. Das ergaben Recherchen des Bayrischen Rundfunks (BR), die am heutigen Dienstag veröffentlicht wurden.

Mehr als die Hälfte der AfD-Abgeordneten beschäftigen Personen, die in Organisationen aktiv sind, die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft werden - darunter auch die Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel (45) und Tino Chrupalla (48).
Mehr als die Hälfte der AfD-Abgeordneten beschäftigen Personen, die in Organisationen aktiv sind, die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft werden - darunter auch die Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel (45) und Tino Chrupalla (48).  © Bernd von Jutrczenka/dpa

Dem Sender liegen interne Namenslisten und aktuelle Mitarbeiterverzeichnisse aus dem Bundestag bzw. der AfD-Fraktion vor, mithilfe derer mehr als 500 Personen identifiziert wurden, die für die AfD-Bundestagsfraktion oder ihre Abgeordneten arbeiten.

Mehr als 100 von ihnen sind in Organisationen aktiv, die vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft werden. Darunter sind Mitglieder aus dem Umfeld der "Identitären Bewegung", der "Neuen Rechten" und der "Jungen Alternative" sowie Reichsbürger und Neonazis.

Die AfD-Fraktion hat nach eigenen Angaben (Stand: 16. Februar) 182 Mitarbeiter. Da jedoch nur wenige der 78 Abgeordneten ihr Team auf ihrer Webseite nennen und auch die Bundestagsverwaltung keine Details nennt, ist unklar, wie viele Mitarbeiter genau beschäftigt werden.

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Unter den Mitarbeitern sind demnach Personen, die in den rechtsextremen Organisationen Führungspositionen einnehmen und namentlich in Verfassungsschutzberichten auftauchen. Laut dem BR arbeiten in der AfD-Fraktion Teilnehmer von Neonazi-Aufmärschen aus Chemnitz, Dortmund, Dresden, Magdeburg und Zwickau.

AfD-Abgeordnete stellen Unabhängigkeit der Verfassungsschutzämter infrage

Insgesamt stehen der AfD-Fraktion und ihren Abgeordneten mehr als 30 Millionen Euro für Mitarbeiter zur Verfügung - pro Jahr.
Insgesamt stehen der AfD-Fraktion und ihren Abgeordneten mehr als 30 Millionen Euro für Mitarbeiter zur Verfügung - pro Jahr.  © John MACDOUGALL/AFP

Außerdem lassen sich in den Listen auch Personen aus dem Umfeld der Reichsbürger- und Querdenker-Szene entdecken. "Mitarbeiter haben lokale Pegida-Ableger gegründet und 'Querdenker'-Demonstrationen organisiert", so der Sender.

Man habe im Zuge der Recherchen sowohl der Fraktion, als auch den Abgeordneten und ihren Mitarbeitern die Chance gegeben, Stellung zu beziehen. Die meisten Anfragen blieben jedoch unbeantwortet. Wer sich äußerte, stellte die Unabhängigkeit der Verfassungsschutzämter infrage.

"Aus Gründen des Datenschutzes und der Wahrung der Persönlichkeitsrechte" wolle die AfD-Fraktion sich gegenüber dem BR nicht äußern. Jegliche Einstufungen durch die Verfassungsschutzbehörde seien "grundsätzlich eine reine Maßnahme dieser jeweiligen Behörde", an die sich keine "schon gar nicht 'automatische' Rechtswirkungen" anknüpften.

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Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (57, Grüne) reagierte "erschüttert" auf die Ergebnisse der Recherche. Die Mitarbeiter seien eine Gefahr für die Demokratie, wollten sie "von innen aushöhlen".

"Wenn Verfassungsfeinde im Deutschen Bundestag arbeiten, dann muss man auch überlegen, ob es eigentlich sein kann, dass sie aus der Mitarbeiterpauschale, also von Steuergeldern bezahlt werden", so die Grünen-Politikerin gegenüber dem BR. "Das sollten wir ändern. Das können wir nicht einfach so laufen lassen."

Warum können Rechtsextreme für die AfD-Fraktion arbeiten - und wie viel Geld bekommen sie?

Der Großteil des Geldes, das die Fraktionen aus dem Bundeshaushalt bekommen, fließt in die Bezahlung ihrer Mitarbeiter. So auch bei der AfD.
Der Großteil des Geldes, das die Fraktionen aus dem Bundeshaushalt bekommen, fließt in die Bezahlung ihrer Mitarbeiter. So auch bei der AfD.  © Carsten Koall/dpa

Die AfD-Abgeordneten entscheiden wie alle 735 Parlamentarier eigenständig und unabhängig, wen sie anstellen. Das gilt nicht nur für die Besetzung des Bundestags-Büros in Berlin, sondern auch in den einzelnen Wahlkreisen.

Die Bundestagsverwaltung hat bei der Entscheidung kein Mitspracherecht, da die Fraktionen im Bundestag nicht Teil der öffentlichen Verwaltung sind.

Mitarbeiter und Abgeordneter unterzeichnen demnach ganz normal einen Arbeitsvertrag. Für die Bezahlung der Beschäftigten stellt die Bundestagsverwaltung laut dem BR jedem Abgeordneten seit dem 1. März 2024 eine monatliche Pauschale von fast 26.000 Euro bereit.

Vollzeit-Angestellte verdienen demnach je nach Ausbildung und Aufgaben zwischen 2000 und 9600 Euro brutto.

2022 hat die AfD nach eigenen Angaben von ihren Einnahmen in Höhe von fast 17 Millionen Euro rund 12,5 Millionen Euro für ihr Fraktionspersonal ausgegeben. Insgesamt geht es jährlich um mehr als 30 Millionen Euro.

Titelfoto: Bernd von Jutrczenka/dpa

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