"Einsatzbereitschaft um die 50 Prozent" - Bundeswehr fehlen Tausende Soldaten

Von Carsten Hoffmann

Berlin - Die Wehrbeauftragte des Bundestages Eva Högl (55, SPD), fordert mehr Anstrengungen, um Personal für die Bundeswehr zu gewinnen.

Eva Högl (55, SPD) ist noch bis zum Mai 2025 Wehrbeauftragte des Bundestages.
Eva Högl (55, SPD) ist noch bis zum Mai 2025 Wehrbeauftragte des Bundestages.  © Jessica Lichetzki/dpa

Bis zur Zielgröße von 203.000 Soldaten fehlten weiter rund 20.000 Männer und Frauen, sagte die SPD-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

"Außerdem sind viele Dienstposten nicht besetzt", beklagte sie. Und die tatsächliche Einsatzbereitschaft liege in vielen Verbänden nur um die 50 Prozent. "Das ist deutlich zu wenig", warnte Högl angesichts der angespannten Sicherheitslage nach der Invasion Russlands in die Ukraine.

Schon im Frühjahr hatte sie in ihrem Jahresbericht beklagt, dass die Truppe immer weiter altere und schrumpfe.

Nach monatelanger Ausbildung: Minenjagdboot "Datteln" läuft aus
Bundeswehr Nach monatelanger Ausbildung: Minenjagdboot "Datteln" läuft aus

Sie plädierte auch dafür, einen neuen Anlauf zu nehmen für eine breiter angelegte Dienstpflicht für junge Männer und auch Frauen.

Wehrbeauftragte Eva Högl wünscht Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht

Boris Pistorius besucht Soldaten, die sich im Irak im Auslandseinsatz befinden.
Boris Pistorius besucht Soldaten, die sich im Irak im Auslandseinsatz befinden.  © Kay Nietfeld/dpa

Die Wehrbeauftragte hilft nach Artikel 45b des Grundgesetzes dem Bundestag bei der Kontrolle der Streitkräfte. Högls fünfjährige Amtszeit endet in diesem Mai.

Zu einer breiter angelegten Dienstpflicht für junge Männer und auch Frauen sagte sie: "Ich favorisiere ein Jahr für die Gesellschaft und fände es gut, wenn es verpflichtend wäre. Mit einer Bandbreite von Möglichkeiten: Kultur, Umwelt, sozialer Bereich, Blaulichtorganisationen und Bundeswehr - und das für alle Geschlechter", so Högl.

Das würde auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken.

Bundeswehr bei den Zielen der Zeitenwende "noch nicht am Ziel"

Högl drückt sich klar für eine Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht aus. Diese würde sowohl Männer als auch Frauen betreffen.
Högl drückt sich klar für eine Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht aus. Diese würde sowohl Männer als auch Frauen betreffen.  © Bernd von Jutrczenka/dpa

Der Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 habe die Bundeswehr verändert. "Diese Zeitenwende ist auch ein Auftrag für weitere Reformen und mehr Tempo. Das betrifft Material, Personal und Infrastruktur. Und da sind wir noch nicht am Ziel", sagte Högl.

Mit Blick auf die am 23. Februar geplante Neuwahl des Bundestages forderte sie, die Angelegenheiten der Bundeswehr und der Verteidigungspolitik nicht in einer Logik von Opposition und Regierung zu diskutieren.

"Es gibt immer noch keine elektronische Gesundheitsakte für unsere Soldatinnen und Soldaten und keine digitale Zeiterfassung. Dafür laufen viele Prozesse immer noch auf der Basis von Exceltabellen, die von A nach B gefaxt werden. Das ist nicht zeitgemäß und behindert die Einsatzbereitschaft."

Diesen lähmenden Verwaltungsaufwand in den Streitkräften bezeichnet sie als ein weiterhin ungelöstes Problem, das es zu lösen gilt.

Titelfoto: Jessica Lichetzki/dpa

Mehr zum Thema Bundeswehr: