"Einsatzbereitschaft leidet": Auftrag für Marine-Spezialkräfte storniert
Eckernförde/Berlin - Anhaltendes Materialproblem bei der Bundeswehr: Der Auftrag über bereits bestellte Schnellboote für die Kampfschwimmer in Eckernförde in Schleswig-Holstein wurde nach TAG24-Informationen storniert.
Erst im Juni 2022 gab der Bundestag das Geld für das Rüstungsprojekt frei. Neun neue Schnellboote samt Zubehör für das Kommando Spezialkräfte der Marine (KSM) wurden beim finnischen Unternehmen Boomeranger bestellt. Doch sie kommen nicht mehr. Das Projekt wurde am 6. April gestoppt, berichtete zuerst der Spiegel.
Demnach seinen die Ansprüche der Bundeswehr an die hohe Geschwindigkeit der Boote nicht umsetzbar gewesen. TAG24 erfuhr aus Kreisen des Verteidigungsministeriums, dass es auch am Mehrgewicht der Motoren gelegen haben soll.
Aus vergaberechtlichen Gründen sei daher eine Fortführung des Vertrags nicht möglich gewesen.
Der Frust ist offenbar groß. Die Industrie liefere nicht, was vereinbart gewesen sei, hieß es. Darunter leide am Ende die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr. Wie es nun weitergeht, sei offen.
Sicher ist aber, dass die bisherigen Festrumpfschlauchboote RHIB H1010 ersetzt werden müssen. Davon gibt es nur vier und sie sind mehr als 20 Jahre alt.
Das ist das Kommando Spezialkräfte der Marine (KSM)
Das Problem mit den Speedbooten für die Spezialeinheit besteht bereits länger. Eigentlich hätte längst Ersatz da sein sollen. Zuletzt war geplant, dass im Jahr 2021 vier Boote dazukommen. Doch die Materiallücke konnte nicht gefüllt werden.
Daher lagen die Hoffnungen zuletzt auf dem 100 Milliarden Euro schweren Sondervermögen im Zeichen der Zeitenwende. 34,4 Millionen Euro waren für die Bestellung der neuen Boote eingeplant.
Den Kern des seit 2014 bestehenden KSM bilden die Kampfschwimmer. Sie sind die älteste Spezialeinheit der Bundeswehr und bestehen seit 1958. Bis 2025 soll sich die Personalstärke auf rund 600 verdoppeln. Die Einheit kümmert sich um sehr heikle Aufgaben.
Nach Bundeswehr-Angaben umfassen diese Informationsgewinnung in Krisen- und Konfliktgebieten, Geiselbefreiungen, Wiederinbesitznahme von Schiffen, Festsetzen von Zielpersonen im Ausland, Abwehr terroristischer Bedrohungen, sowie verdeckte Operationen. Derzeit sollen sie sich bereithalten, um im Notfall die Evakuierungen aus dem Sudan zu unterstützen.
Was die Spezialeinheit kann, ließ sich Verteidigungsminister Boris Pistorius (63, SPD) bei seinem Antrittsbesuch im Februar zeigen und war sichtlich beeindruckt. Ob das ausreicht, damit es doch bald neue Schnellboote gibt?
Titelfoto: Oliver Wunder/TAG24