Minister Buschmann im Interview: So wollen wir den Deutschen das Leben leichter machen

Berlin - Bürokratie, hohe Kosten, viel Aufwand für wenig Ertrag: Immer wieder werden Bürger und Betriebe im Alltag durch Vorschriften und Regelungen gegängelt, die das Leben und Arbeiten nur unnötig kompliziert machen. Justizminister Marco Buschmann (47, FDP) möchte was dagegen tun. Im Interview mit TAG24 verrät er, was sein Ministerium bereits erreicht hat und welche Maßnahmen in Zukunft noch umgesetzt werden sollen.

Marco Buschmann (47, FDP) sprach im Interview unter anderem über Bürokratieabbau.
Marco Buschmann (47, FDP) sprach im Interview unter anderem über Bürokratieabbau.  © Christian Kielmann

TAG24: Herr Buschmann, egal wo man hinkommt, überall beschweren sich die Menschen über zu viel Bürokratie. Wann wird das endlich besser?

Marco Buschmann: Deutschland leidet unter einem Bürokratie-Burnout. Bürger, Betriebe, aber auch Behörden sind so erschöpft von dem Wust an Vorschriften, dass sie gar nicht mehr dazu kommen, sich mit der nötigen Energie um ihr Kerngeschäft zu kümmern.

Die Bundesregierung hat daher im letzten Sommer auch schon eine wichtige Entscheidung getroffen. Mit dem Meseberger Bürokratieabbauprogramm haben wir das größte Paket zur Entlastung von bürokratischem Erfüllungsaufwand in unserer Geschichte auf den Weg gebracht.

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TAG24: Was umfasst das Programm?

Buschmann: Das Programm hat mehrere Bausteine. Dazu gehören das Wachstumschancengesetz, Erleichterungen im Bilanzrecht und das Bürokratieentlastungsgesetz IV. Wichtig ist mir vor allem aber eines: Bürokratieabbau ist eine Daueraufgabe. Diese Maßnahmen alleine beenden den Burnout nicht. Deshalb bereiten wir gerade unter anderem ein Jahresbürokratieabbaugesetz vor. Da sollen jedes Jahr Dinge reingepackt werden, die man abbauen kann. Aber eines kann ich Ihnen nicht ersparen …

Ampel möchte Zettelwirtschaft verringern

Der Justizminister sprach in seinem Berliner Büro mit Politik-Chefreporter Paul Hoffmann (31).
Der Justizminister sprach in seinem Berliner Büro mit Politik-Chefreporter Paul Hoffmann (31).  © Christian Kielmann

TAG24: Was denn?

Buschmann: Die vielen Regeln, unter denen wir leiden, kommen nicht nur aus Berlin. Der Bund und auch die Länder müssen ihre Hausaufgaben machen. Über die Hälfte der Bürokratielasten kommen jedoch aus Brüssel.

Hier versuchen wir darauf einzuwirken, dass die neuen EU-Kommissare den Bürokratieabbau auch zu ihrem Projekt machen. Die EU muss anfangen, nicht immer nur Bürokratie aufzubauen, sondern auch abzubauen.

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TAG24: Sie sprachen von Bausteinen, die Ihr Ministerium und die Regierung schon umgesetzt haben bzw. gerade dabei sind. Von welchen sprechen wir konkret?

Buschmann: Mit dem Wachstumschancengesetz bauen wir etwa 1,5 Milliarden an bürokratischen Belastungen ab. Zudem bringt es etwa 1,5 Milliarden Euro an steuerlichen Entlastungen. Als Zweites haben wir die Schwellenwerte im Handelsbilanzrecht für kleine und mittelgroße Betriebe geändert. Für die betroffenen Betriebe bewirkt das eine Entlastung von durchschnittlich 12.500 Euro pro Jahr.

TAG24: Und Baustein Nummer drei?

Buschmann: Das ist das Bürokratieentlastungsgesetz IV. Das hat die Bundesregierung dem Bundestag vorgelegt, der es gerade berät. Hier geht es vor allem darum, der Zettelwirtschaft den Kampf anzusagen. Wir schaffen zum Beispiel lästige Hotelmeldebögen für Gäste mit deutscher Staatsbürgerschaft ab. Außerdem wollen wir dafür sorgen, dass Steuerbelege nicht mehr zehn Jahre aufbewahrt werden müssen und ganze Archivräume füllen.

Daneben sollen – so alle damit einverstanden sind – Arbeitsverträge auch vollständig digital geschlossen werden können. In Summe führen alle drei Bausteine zu einer Entlastung von über drei Milliarden Euro pro Jahr. Das ist schon ansehnlich, aber nochmal: Bürokratieabbau muss eine Daueraufgabe sein.

Die Regierung will beim Hausbau für Erleichterungen sorgen

Bauen soll unkomplizierter und billiger werden.
Bauen soll unkomplizierter und billiger werden.  © dpa/Marcus Brandt

TAG24: Ein anderes wichtiges Projekt Ihres Hauses ist der sogenannte Gebäudetyp E: Das Bauministerium sagt dazu, dass "Projektierer rechtssicher von Baustandards abweichen können". Müssen wir jetzt Angst haben, dass uns neue Gebäude künftig auf den Kopf fallen können?

Buschmann: Nein, niemand muss davor Angst haben. Weiter gilt: Sicherheit zuerst. Die Änderungen betreffen nur sogenannte Komfortnormen. Das ist wie beim Autokauf: Jedes Auto, das ich kaufe, muss sicher sein.

Es gibt aber Basis- und Luxusausstattung. Im Baurecht ist bisher jeder, der bauen möchte, mehr oder weniger gezwungen, immer die Luxusvariante zu wählen. Das führt dazu, dass sich viele das Bauen gar nicht mehr leisten können und zu wenig gebaut wird.

TAG24: Sanierte Altbauten erfüllen diese Standards doch häufig auch nicht, oder?

Buschmann: Genau. Das zeigt: Nicht jede Komfortnorm ist den Menschen wichtig, um sich wohlzufühlen. Sie sollen daher selbst auswählen können. Das hilft auch Mietern: Wenn ich günstiger bauen kann, dann kann ich auch günstiger vermieten.

Minister Buschmann: Diese Abstriche beim Komfort dürfen gemacht werden

TAG24: Reden wir bei Abstrichen beim Komfort beispielsweise von dünneren Wänden …?

Buschmann: Wir reden zum Beispiel von der Anzahl von Steckdosen, der Art von Heizkörpern, oder davon, ob die Fußbodenheizung im Badezimmer reicht. Sie müssen wissen, dass wir in Deutschland fast 3000 DIN-Normen haben, die das Bauen betreffen. Da kommt richtig was zusammen.

TAG24: Wann wird Gebäudetyp E an den Start gehen können?

Buschmann: Mit Bauministerin Geywitz bin ich mir einig, dass die Sache wichtig ist und schnell kommen muss. Aktuell befindet sich der Entwurf in der Länder- und Verbändebeteiligung. Das ist ein Verfahrensschritt, bei dem Bundesländer und betroffene Verbände eingeladen werden, zu den geplanten Regelungen Stellung zu nehmen und auch Verbesserungsvorschläge zu machen. Aber ich bin guter Dinge, dass wir den Gebäudetyp E im nächsten Frühjahr im Bundesgesetzblatt haben – vorausgesetzt, dass alle mitziehen.

Titelfoto: Christian Kielmann

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