Junge Rundfunk-Journalistin kämpft gegen Politikverdrossenheit: "Müssen den Mist später ausbaden!"

Berlin - Hasskommentare gehören für die Journalistin Victoria Reichelt (27), die als Teil des Formats "Die Da Oben!" im Auftrag der Öffentlich-Rechtlichen vor allem junge Menschen mit politischen Themen über Instagram oder TikTok zu erreichen versucht, zur Tagesordnung. Dennoch wolle sie weiter dafür kämpfen, die Menschen zurück ins demokratische Boot zu holen.

Victoria Reichelt (27) will als Teil des Funk-Formats "Die Da Oben!" komplexe politische Themen einfach und verständlich erklären.
Victoria Reichelt (27) will als Teil des Funk-Formats "Die Da Oben!" komplexe politische Themen einfach und verständlich erklären.  © Screenshot/Instagram/@vicareich

"Wir können es uns als Demokratie gar nicht leisten, sie nicht zurückzuholen. Damit meine ich gar nicht die Menschen, die ganz bewusst Desinformation streuen. Aber die Hörer und Zuschauer, die sich zu diesen Angeboten hingezogen fühlen. Es ist unsere Aufgabe, um diese Leute zu kämpfen und sie wieder in den demokratischen Diskurs zu holen", erklärte Reichelt im Interview mit dem "Stern".

Über 343.000 Menschen folgen dem Funk-Format "Die Da Oben!" allein auf Instagram. Bei TikTok kommen nochmal rund 23.000 hinzu. Gemeinsam mit ihren Kollegen Jan Schipmann und Aline Abboud habe man das Ziel aufzuzeigen, "wie viel Feuer im Bundestag steckt", heißt es in der Bio.

Anhand der kurzen, schnell geschnittenen Videos, in denen häufig Memes zur Untermalung tagespolitischer Ereignisse eingebunden werden, wird die Hauptzielgruppe schnell deutlich.

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"Viele Probleme, die uns gerade bewusst werden, werden die Lebenszeit junger Menschen entscheidend beeinflussen. Stichwort Klimakrise", so Reichelt.

Laut der ZDF-Journalistin würden die Parteien mit ihrer Politik derzeit vor allem ältere Bürger in den Fokus stellen, weshalb viele Jüngere nach dem Motto - "wir werden nicht gehört, aber müssen den ganzen Mist später ausbaden" - der Politik den Rücken zukehren würden.

Reichsflaggen in der Kommentarspalte: "Diese Leute setzen sich gar nicht mit dem Inhalt auseinander!"

Oftmals schlägt der 27-Jährigen in der Kommentarspalte auch Hass entgegen.
Oftmals schlägt der 27-Jährigen in der Kommentarspalte auch Hass entgegen.  © Screenshot/Instagram/@die.da.oben

Mit "einfachen Antworten auf komplexe Fragen" gehe es Reichelt und ihrem Team darum, sich dieser Politikverdrossenheit entgegenzustellen.

Sie selbst sowie sämtliche andere Medien stünden dabei vor einer Zwickmühle: "Extreme und polarisierende Inhalte klicken gut, sind aber das Gegenteil von dem, was Qualitätsjournalismus will."

Anhand der Reaktion in den Kommentarspalten erlebe Reichelt dieses Dilemma tagtäglich, gerade bei ihren Beiträgen zum Thema Rechtsextremismus und AfD: "Diese Leute setzen sich aber gar nicht mit dem Inhalt auseinander, sondern schreiben pauschal Pro-AfD-Kommentare, mit blauen Herzen oder rot-weiß-schwarzen Punkten, die für die Reichsflagge stehen."

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Unter anderem solche Reaktionen seien dabei der Grund gewesen, warum sich Reichelt eine Zeit lang sogar von TikTok zurückgezogen habe.

"Bei TikTok bin ich eine Zeit lang ausgestiegen, weil mir das Klima zu feindlich, zu aggressiv geworden ist. Momentan habe ich aber das Gefühl, man muss diesem Hass etwas entgegensetzen – mit Informationen, die ausgewogen sind."

Titelfoto: Bildmontage: Screenshot/Instagram/@die.da.oben, Screenshot/Instagram/@vicareich

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