Von Dorothea Hülsmeier
Düsseldorf - In einem jahrelangen Raubkunst-Streit wenden sich die Erben des jüdischen Kunsthändlers Alfred Flechtheim jetzt direkt an Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (49, CDU). Die Anwälte fordern vom CDU-Regierungschef die Rückgabe des 1918/19 entstandenen Gemäldes "Die Nacht" von Max Beckmann (1884 - 1950).
Das Bild, eines der Hauptwerke Beckmanns, befindet sich in der landeseigenen Kunstsammlung NRW.
"Man könnte dieses Gemälde anstandslos endlich zurückgeben, wenn man denn den politischen Willen dazu aufbrächte", schreibt Erben-Anwalt Markus Stötzel. Zumindest erwarteten die Erben Flechtheims, dass das Land NRW unverzüglich dem bereits seit dem Frühjahr beantragten Verfahren vor der beratenden Kommission zustimme.
Diese vermittelt seit 2003 bei Streitigkeiten um die Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter. Eine der hochbetagten Flechtheim-Erben, Penny Hulton, war im Sommer im Alter von 96 Jahren gestorben. Der andere Erbe, Michael Hulton, ist 78 Jahre alt.
Die Kunstsammlung will dagegen das Verfahren an das künftig zuständige Schiedsgericht übergeben, da die beratende Kommission in absehbarer Zeit ihre Arbeit einstellen werde. Ab 2025 soll dieses Gremium die Kommission ersetzen und die Rückgabeverfahren für nationalsozialistisches Raubgut in Deutschland verbessern.
Externe Provenienzforscher seien mit weiteren Recherchen zu dem Beckmann-Gemälde beauftragt worden, hieß es weiter. "Das Ergebnis dieser umfassenden Recherchen fiel nicht eindeutig aus." Im Einvernehmen mit den Erben sei die beratende Kommission zunächst nicht angerufen worden.
Dem widersprechen die Anwälte der Flechtheim-Seite. Es habe darüber kein Einvernehmen gegeben, betonen sie.
Anwälte von Flechtheim-Erben pochen auf Rückgabe: "Land verschleppt Besitzkenntnisse"
Die Anwälte werfen dem Land vor, seither über viele Jahre hinweg die Erkenntnisse der Provenienzforschung zum Fall Flechtheim wie auch zu dem Beckmann-Gemälde ignoriert und ein "Restitutionsverfahren verschleppt und untergraben" zu haben.
So habe die Flechtheim-Seite bereits im Jahr 2016 den ehemaligen Bundesminister Gerhart Baum (92, FDP) als Vermittler eingeschaltet. 2019 habe die damalige NRW-Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen (70, parteilos) zugesagt, dass das Land die beratende Kommission anrufen wolle. Dies sei jedoch nie geschehen.
Gemäß den Washingtoner Prinzipien sollen für NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter gerechte und faire Lösungen gefunden werden.