Wohnungen voller Schimmel und Urin: Vermieter zocken Obdachlose ab

Hannover - Viele Obdachlose suchen verzweifelt eine Wohnung. Das nutzen manche Menschen dann so aus: Sie kassieren vom Jobcenter hohe Mieten und bringen Obdachlose dafür in menschenunwürdigen Wohnverhältnissen unter.

Es gibt in Deutschland nicht genug bezahlbaren Wohnraum. (Symbolbild)
Es gibt in Deutschland nicht genug bezahlbaren Wohnraum. (Symbolbild)  © Andreas Arnold/dpa

Mit mangelndem Wohnraum und steigenden Mietpreisen in Deutschland wird die Anzahl an wohnungslosen Personen immer größer. Viele von ihnen sind verzweifelt auf der Suche nach einer Unterkunft.

Das nutzen manche Vermieter und Vermieterinnen wohl aus, indem sie menschenunwürdige Wohnungen zu einem teuren Preis vermieten. Denn wenn Wohnungslose eine Unterkunft bekommen, dann zahlt das Jobcenter bis zu einem Höchstsatz die Miete.

Niedersachsen ist hierbei keine Ausnahme: Seit 2009 haben sich Mietpreise für eine Wohnung mit weniger als 45 Quadratmetern fast verdoppelt. Dadurch wird die Wohnungssuche für Obdachlose nicht leichter. Laut einer Umfrage sagte etwa ein Drittel der befragten Obdachlosen: "Vermieter wollen mich nicht."

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Eine Reportage der taz deckt am Fall Frank F. aus Hannover auf, in welchen Verhältnissen manche Menschen gezwungen sind zu leben, wenn sie nicht auf der Straße schlafen wollen und wie der Vermieter daran auch noch Profit macht.

Komplett verwahrloste Wohnungen an Menschen in Not vermietet

In der Wohnung schimmelte es angeblich. (Symbolbild)
In der Wohnung schimmelte es angeblich. (Symbolbild)  © handmadepictures/123rf

Andy K. verlor wegen Corona seinen Job, kurz darauf wegen einer Trennung seine Wohnung. Als er nach einer neuen Wohnung suchte, lernte er Frank F. kennen. Dieser bat ihm einen Wohnraum an - ohne Besichtigungstermin, Fotos oder ein Verlangen nach der Schufa-Auskunft. "Das kam mir schon ein bisschen komisch vor", sagte Andy K. gegenüber der taz.

Trotzdem unterschrieb er den Mietvertrag, den Frank F. ihm anbot: 438 Euro für 45 Quadratmeter, fast der Höchstsatz den das Jobcenter in Hannover zahlt.

Schon als er bei dem Haus ankam, wusste Andy K., dass er einen Fehler gemacht hatte. Im Garten des Hauses stapelten sich Elektroschrott und Müllsäcke. "Alles wirkte verwahrlost und zusammengewürfelt", meinte er dazu.

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Im Haus sah es nicht viel besser aus: Sein "neues" Zimmer stank nach Urin. Sogar eine Chlor-Behandlung und ausgiebiges Lüften halfen nichts.

Bewohner litten wegen Wohnungszuständen an gesundheitlichen Problemen

Wegen der gesundheitlichen Probleme, die aufgrund der Lebensumstände im Haus entstanden, musste wohl schon mehrfach der Krankenwagen kommen. (Symbolbild)
Wegen der gesundheitlichen Probleme, die aufgrund der Lebensumstände im Haus entstanden, musste wohl schon mehrfach der Krankenwagen kommen. (Symbolbild)  © william87/123RF

Peter P. lebte zur gleichen Zeit wie Andy K. in dem verwahrlosten Haus. In seiner Wohnung im Keller schimmelte es.

Die beiden Männer litten wahrscheinlich wegen der Wohnungsumstände an schweren gesundheitlichen Problemen. Peter P. berichtete der taz von Atemnot, heftigen Hustenanfällen und Durchfall.

Vergangenen Sommer kam es besonders schlimm: Sowohl Andy K. als auch Peter P. mussten aufgrund von Hautinfektionen im Krankenwagen abgeholt werden.

Andy K. verließ nach dem Vorfall das Haus. Peter P. blieb aber: Er hatte keine andere Wahl. "Ich hatte zwei Schlaganfälle und kann nicht auf der Straße pennen", sagte er dazu. Heute wohnt er noch immer bei Franz F. im Keller.

Die miserablen Zustände des Wohnraums sind nicht das einzige, was die Wohnsituation so schlimm macht: Laut Peter K. müssten Bewohner ständig unbezahlt arbeiten oder Angst haben, ihre Wohnung zu verlieren.

Miete wurde weiter kassiert, ob die Menschen da wohnten oder nicht

Wenn Obdachlose Menschen keine Wohnung finden, sind sie oft dazu gezwungen auf der Straße zu schlafen - auch bei schlimmen Wetterbedingungen. (Symbolbild)
Wenn Obdachlose Menschen keine Wohnung finden, sind sie oft dazu gezwungen auf der Straße zu schlafen - auch bei schlimmen Wetterbedingungen. (Symbolbild)  © Katrin Requadt/dpa

Daniel Spruch ist ein weiterer ehemaliger Mieter von Franz F.. Nach einiger Zeit wurde er auch sein Zuarbeiter. Er half ihm wohl dabei, neue Mieter auszuwählen und die Mietzahlung vom Jobcenter zu beantragen. "Ich habe die Leute danach ausgewählt, wie bedürftig sie sind", meinte Spruch.

Dabei versuchten die zwei außerdem, besonders viele Menschen für den Wohnraum zu melden. Selbst wenn Franz F. einen Mieter rausschmiss, kassierte er angeblich weiter die Miete für die Personen, da er sie nicht sofort wieder abmeldete.

Damit eine Überbelegung der Wohnräume nicht auffiel, wurden die Mieter in zwei weiteren Häusern, die Franz F. besitzt, gemeldet. Diese sind in anderen Orten und haben andere Jobcenter, die die Wohnkosten der Mieter tragen.

Trotzdem wird in einem Jobcenter anscheinend nicht überprüft, wie viele Leute da wohnen, obwohl Franz F. und seine Mieter stadtbekannt sind. In einem Haus sind elf Personen gemeldet - die Stadt sieht aber dennoch keine Anzeichen für eine Überbelegung.

Den Profit, den Franz F. an seinen Mietern machte, nutze er angeblich, für persönliche Freuden. Unter anderem reiste er mit dem Geld wohl oft nach Thailand und Kenia, so Spruch.

Der Fall um Franz F. ist leider keine Ausnahme, sondern die Regel

Die Habseligkeiten eines Obdachlosen liegen in der Hannover Innenstadt auf dem Bürgersteig. (Symbolbild)
Die Habseligkeiten eines Obdachlosen liegen in der Hannover Innenstadt auf dem Bürgersteig. (Symbolbild)  © Hauke-Christian Dittrich/dpa

Daniel Spruch wirft Franz F. außerdem vor, eine schreckliche Einstellung gegenüber Obdachlosen, Drogenabhängigen und Straffälligen zu haben. Er sagte angeblich oft, sie hätten nichts anderes verdient.

Franz F. weist gegenüber der taz alle Anschuldigungen zurück. Aber auch in seiner Rechtfertigung wird er abfällig: "Die können ja nichts anderes als Dreck und Unrat machen. Ich helfe normal anderen und habe kein Interesse, jemanden zu bescheißen."

Trotz der Beteuerung, dass er unschuldig sei, wird Franz F. von Sozialarbeitern und Sozialarbeiterinnen in Hannover nicht gern gesehen. Sven Gäthje, ein Sozialarbeiter, hat schon oft Geschichten von ihm gehört und auch Fotos von den Lebensumständen seiner Mieter gesehen.

Wohnangebote wie die von Franz F. kommen wohl öfter in Hannover vor. Menschenunwürdige Lebensumstände und mehrfache Vermietungen passieren immer wieder.

Gäthje hört solche Geschichten immer wieder. "So ist leider der Wohnungsmarkt in Hannover", sagte er dazu.

Titelfoto: handmadepictures/123rf Andreas Arnold/dpa

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