US-Vize Vance wirbt für radikale Parteien in Europa: "Es gibt keinen Platz für Brandmauern"
München - Ohne sie direkt zu benennen, warb US-Vizepräsident James David "JD" Vance (40) auf der Münchner Sicherheitskonferenz am Freitagnachmittag dafür, dass stark rechtskonservative Personen und Parteien mehr Akzeptanz in Europa erfahren sollten.

Zu Beginn seiner Rede sprach er den Opfern und Angehörigen des Anschlags vom Vortag in München seine Anteilnahme aus.
"Unsere Gedanken und Gebete sind bei den Betroffenen", so der Republikaner, der dafür von allen Beteiligten im Saal Applaus erhielt.
Er selbst scherzte daraufhin, dass er hoffe, dass dies nicht der einzige Beifall bleiben werde, den er für seine Rede bekommen würde. Vermutlich ahnte er schon, welche Reaktionen seine darauffolgenden Worte auslösen würden.
Er selbst, sagte er im Anschluss, aber auch US-Präsident Donald Trump (78) seien zuversichtlich, dass sich die Lage zwischen der Ukraine und Russland bald verbessern könnte. Daran wolle man arbeiten.
Er sei zutiefst davon überzeugt, dass die USA und Europa im gleichen Team spielen würden. Dennoch holte er gleich darauf zum verbalen Rundumschlag gegen europäische Länder aus, in denen – seiner Ansicht nach – schlechte Gerichtsurteile gegen Christen und unliebsame Personen gefällt wurden.
JD Vance: Zahlreiche Attacken auf EU-Länder, keine Aussagen zur Sicherheitspolitik

Als Beispiele nannte er aus verschiedenen Ländern Fälle, in denen unter anderem Abtreibungsgegner oder Menschen, die öffentlich den Koran verbrannt hatten, verurteilt wurden. Auch die annullierte Wahl in Rumänien oder Ermittlungen wegen Hasskommentaren in Deutschland nannte er.
"Die freie Rede, so fürchte ich, wird zurückgedrängt", behauptete der Trump-Vertreter. "Die größte Gefahr geht derzeit nicht von Russland oder China aus, sie geht von den europäischen Regierungen aus."
Auch die Vorgängerregierungen in den USA kritisierte er und lobte indirekt seinen Vorgesetzten: "In Washington ist ein neuer Sheriff in der Stadt." Der – man muss es so benennen – verbliebene Höflichkeits-Applaus fiel ab diesem Zeitpunkt bereits sehr überschaubar aus.
Minutenlang kritisierte er den seiner Meinung nach ungerechtfertigten Umgang mit radikalen und extremistischen Parteien in Europa. "Wir müssen nicht mit allen oder irgendwas einverstanden sein, was Menschen sagen", so der US-Vize. Doch es sei wichtig für den Dialog, diese Menschen zu Wort kommen zu lassen.
Auf konkrete Aussagen und Ansätze zur Sicherheitspolitik – also das Thema, warum die Konferenz überhaupt stattfindet – wartete man bei JD Vance in dieser Rede eher vergebens.
Wiederholung widerlegter Aussagen und Thunberg-Seitenhieb

Das Thema Massenmigration sei seiner Ansicht nach ein entscheidender Faktor, wenn es um die Sicherheit geht. Dabei wiederholte er die inzwischen widerlegte Aussage, dass es sich um einen polizeilich bereits in Erscheinung getretenen Täter gehandelt.
Seit Donnerstagabend ist bereits bekannt, dass der 24-Jährige als Kaufhausdetektiv tätig war und daher mehrmals vor Gericht war – als Zeuge.
In seiner Wortwahl umschrieb er die anwesenden Spitzenpolitiker indirekt als Vertreter totalitärer Regime, weil sie gegen extreme Stimmen und Stimmungen vorgehen würden: "Es gibt keinen Platz für Brandmauern."
Auch zu dem in den Augen vieler Politikbeobachter geltenden Schatten-Präsidenten der USA äußerte sich Vance: "Wenn Amerika zehn Jahre Angriffe von Greta Thunberg überlebt, kann Europa auch ein paar Monate Elon Musk überleben."
Mit einem leichten Lächeln wollte er diesen offensichtlich fragwürdigen Vergleich offenbar ein Stück weit als scherzhaften Seitenhieb kennzeichnen. Seinen Humor teilten aber wohl die wenigsten der Anwesenden.
Nach seiner Rede verschwand er zuerst in der Gruppe aus seinen Beratern und hochrangigen Offiziellen – und daraufhin sehr zügig aus dem Saal.
Titelfoto: Sven Hoppe/dpa