Verfassungsschutz legt Zahlen des Grauens vor: Demokratie "unter erheblichem Druck"

Berlin - Er liest sich wie ein Gruselmärchen. Am Dienstag stellten Innenministerin Nancy Faeser (53, SPD) und Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang (64) in Berlin den neuen Verfassungsschutzbericht vor. Der offenbart in nahezu allen kritischen Bereichen eine (deutliche) Verschlechterung der Lage.

Thomas Haldenwang (64), Präsident des Verfassungsschutzes, sieht die Gesellschaft vor einer Vielzahl von Herausforderungen.
Thomas Haldenwang (64), Präsident des Verfassungsschutzes, sieht die Gesellschaft vor einer Vielzahl von Herausforderungen.  © dpa/Kay Nietfeld

"Auch für das Jahr 2023 hat der Verfassungsschutz nicht viel Positives zu berichten", stieg Haldenwang vor der versammelten Hauptstadtpresse in seine Ausführungen ein. Diverse Negativtrends der Vergangenheit hätten sich bewahrheitet.

Weiter verwies der 64-Jährige auf das beeindruckende Ausmaß des veröffentlichten Berichtes. Der umfasst mit Anhang ganze 404 Seiten und sei zum einen Nachweis für die gründliche Arbeit seiner Behörde, zum anderen aber auch ein "Fingerzeig für die Vielfalt der Bedrohungen, denen sich die Gesellschaft stellen muss".

Ein kleiner Ausriss: Die Zahl rechtsextremistisch motivierter Straftaten stieg im vergangenen Jahr um 22,4, die der Gewalttaten um 13 Prozent. Beim Linksextremismus stiegen die Zahlen um 10,4 und 20,8 Prozent.

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Im Bereich der "Politisch motivierten Kriminalität - religiöse Ideologie" haben sich die Straftaten mehr als verdreifacht. Bei den Gewalttaten verzeichneten die Behörden ein Plus von 67,4 Prozent.

Insgesamt registrierte das Bundeskriminalamt (BKA) für 2023 60.028 politisch motivierte Straftaten (2022: 58.916). Bei 39.433 (2022: 35.452) wurde ein extremistischer Hintergrund nachgewiesen.

Der "Verfassungsschutzbericht 2023" wurde am Dienstag in Berlin vorgestellt.
Der "Verfassungsschutzbericht 2023" wurde am Dienstag in Berlin vorgestellt.  © Paul Hoffmann

Innenministerin Nancy Faeser findet deutliche Worte

Innenministerin Nancy Faeser (53, SPD) kann mit den Erkenntnissen des Berichtes nicht zufrieden sein.
Innenministerin Nancy Faeser (53, SPD) kann mit den Erkenntnissen des Berichtes nicht zufrieden sein.  © dpa/Kay Nietfeld

Zahlen, die der Innenministerin gar nicht gefallen können. Die kam zur Präsentation des Berichtes an Krücken - ein Zustand, dem sie am Dienstag auch der deutschen Demokratie bescheinigte. Die stehe "unter erheblichem Druck".

Noch deutlicher wird Faeser im Vorwort des Berichtes. "Die ohnehin angespannte Sicherheitslage hat sich 2023 erneut verschärft: Zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sind die Morde der Hamas mit ihren Folgen hinzugekommen. Beides wirkt sich auch auf unser Land aus."

Auch in einem anderen Bereich sieht Faeser Deutschland unter Druck: "Spionage, Sabotage, Desinformationen und Cyberangriffe haben eine neue Dimension erreicht." Länder wie Russland, der Iran oder China würden ihre Dienste umfangreich zur Spionage einsetzen.

"Hinzu kommen Versuche, illegitim Einfluss auf unser Gemeinwesen auszuüben und hier lebende Oppositionelle zu überwachen beziehungsweise zu verfolgen." Auch gezielte Desinformationskampagnen seien ein Problem.

Titelfoto: Fotomontage: dpa/Kay Nietfeld, Paul hoffmann

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