Gigantisches US-Kriegsschiff läuft deutschen Ostsee-Hafen an
Kiel - Die veränderte Weltlage nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wirft auch ihren Schatten auf die Kieler Woche. Zum Volksfest in Schleswig-Holstein wird das größte Kriegsschiff seit mehr als 30 Jahren einlaufen.
Die "USS Kearsarge" wird am 17. Juni in Kiel erwartet, berichten die Kieler Nachrichten (KN). Seit 1989 sei kein so großes Kriegsschiff mehr in die Förde eingelaufen. Damals war es das Schlachtschiff "Iowa" der US Navy, das mittlerweile im Hafen von Los Angeles im Dornröschenschlaf liegt – das Museumsschiff soll jederzeit reaktiviert werden können.
Mit dem Ende des Kalten Krieges und der Auflösung des Warschauer Paktes wurde der Besuch solcher Giganten seltener. Für die Kriegsschiffe markierte der Besuch in Kiel das Ende von "BALTOPS", der größten US- und NATO-Übung im Ostseeraum, die gleichzeitig eine offene Zurschaustellung von militärischer Macht ist.
Denn das Manöver war auch immer Abschreckungssignal in Richtung Sowjetunion gewesen. Jahrelang schien das nicht mehr in der Größenordnung notwendig gewesen zu sein.
Der russische Überfall auf die Ukraine am 24. Februar dieses Jahres hat diese Sichtweise drastisch geändert.
Weitere NATO-Kriegsschiffe bei Kieler Woche erwartet
Die NATO verstärkte an ihrer Ostgrenze sowohl an Land als auch im Wasser ihre Präsenz. Bereits am 12. April traf die "Kearsarge" daher mitsamt der etwa 2200 Soldaten starken 22. Marine Expeditionary Unit an Bord in Tromsø (Norwegen) ein.
Mitte Mai wurde das Kriegsschiff in die Ostsee geschickt und dort ist es nun Teil des größten US-Flottenverbands seit Jahrzehnten.
Ihm sollen laut KN unter anderem das Kommandoschiff "Mount Whitney", das Docklandungsschiff "Gunston Hall", der Zerstörer "Porter", der Tanker "Patuxent" und das Versorgungsschiff "William McLean" angehören.
Bis auf die beiden letztgenannten gelte als sicher, dass sie alle bei der Kieler Woche im Hafen liegen. Dazu werden Einheiten aus Schweden, Dänemark, Großbritannien und den Niederlanden erwartet.
Auch die deutsche Marine wird mehrere Schiffe schicken.
Deutsche Marine stellt Beteiligung an "BALTOPS 22" vor
Das zeichnet die "Kearsarge" aus
Höhepunkt ist aber sicher die "Kearsarge". Das Kriegsschiff der Navy ähnelt äußerlich – aus Laiensicht – zwar einem Flugzeugträger, doch es handelt sich dabei um ein sogenanntes amphibisches Angriffsschiff. Es kann den Rumpf fluten, sich so mehrere Meter tiefer legen und damit für Landungsboote als Hafen dienen.
Auf der 257 Meter langen "Kearsarge" sind etwa 40 Kampfflugzeuge und Hubschrauber untergebracht. Dazu gehören Senkrechtstarter vom Typ "Harrier" und spektakuläre "V-22 Osprey" Kipprotorflugzeuge. Auch der hochmoderne Jet F-35 in seiner senkrechtstartenden Version (F-35B) kann dort stationiert werden – ob er es derzeit ist, ist unbekannt.
Die "Kearsarge" nimmt mit 44 weiteren Schiffen aus 14 NATO-Staaten sowie Schweden und Finnland, die dem Bündnis beitreten wollen, am Manöver "BALTOPS 22" teil. Rund 7000 Soldaten sind involviert.
In diesem Umfang sei die Übung "so groß wie selten in der bisherigen Geschichte der Übungsreihe seit 1972" angelegt, teilte die Bundeswehr mit. Es ist damit ein deutliches Zeichen an Russland.
Titelfoto: Helena LANDSTEDT / TT News Agency / AFP