In Sachsen ist der Arztberuf fest in Frauenhand: Nur die Chefposten dominieren Männer
Dresden - Im vergangenen Jahr waren in Sachsen im Arztberuf 400 Männer mehr tätig als noch ein Jahr zuvor. Dennoch arbeiten im Freistaat weiter mehr Ärztinnen als Ärzte. In den oberen Rängen im Klinikum ist das genau umgekehrt. Warum ist das so?
"Frauen müssen im Beruf mehr leisten als Männer", bestätigt Esther Troost (45) ein gängiges Vorurteil.
Während Frauen bei gleicher Qualifikation 120 Prozent geben, reichen bei Männern häufig 80 Prozent, sagt die Professorin und Direktorin an der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie des Uni-Klinikums Dresden.
Frauen stehen ihrer Erfahrung nach zudem viel stärker unter Beobachtung. Und: "Wir Frauen denken oft, wir sind nicht gut genug." Während sich männliche Kollegen einfach nonchalant auf Professorenstellen bewerben, überlegen Frauen zweimal.
Dazu komme die Verantwortung in der Familie, die immer noch stärker bei der Frau liege.
Spitzenpositionen zu einem Großteil von Männern besetzt
Das hat Folgen: Nicht nur an der Uni-Klinik sind die arbeitsintensiven Spitzenpositionen eine Männerbastion.
Auf den 74 Professorenstellen in der mittleren Besoldungsstufe W2 arbeiten rein rechnerisch 79,7 Prozent Männer, in der W3, der höchsten Stufe, sind es sogar 87,7 Prozent.
Dabei sind im Freistaat nach Angaben der Sächsischen Landesärztekammer viel mehr Frauen (10.359) im Arztberuf tätig als Männer (8892).
Doch in leitender Position an Kliniken ist es genau umgekehrt. Hier beträgt der Frauenanteil nur 6,4 Prozent (gesamt: 699 Mediziner).
Bundesweit liegt der Anteil von Frauen in den oberen Führungsebenen der Gesundheitswirtschaft nach einer Studie der Wirtschaftsberatung PWC von 2020 bei 17 Prozent.
Ärzteteams sollten eine Mischung aus "Hühnerstall und Stammtisch" sein
"Während Männer ganz selbstverständlich Sitzungen leiten, fällt die Protokollfunktion fast selbstverständlich der einzigen Frau im Raum zu", auch wenn die Professorin ist, erzählt Troost, die in ihrer Karriere bereits mehr als 200 Publikationen vorzuweisen hat.
Diese nonverbale Aufforderung würde sogar nun, wo sie Dekanin ist, noch an sie gerichtet. Obwohl sich Männer gern in den Vordergrund drängen, arbeitet sie selbst lieber in gemischten Teams. "Es soll nicht zu viel Hühnerstall und nicht zu viel Stammtisch sein, sondern eine gesunde Mischung aus beidem."
Titelfoto: Thomas Türpe