Apotheker sollen sich an Corona-Mittel Paxlovid bereichert haben - Anklage!
Berlin - Mehrere Apotheker stehen unter Verdacht, das staatlich finanzierte Corona-Medikament Paxlovid illegal weiterverkauft zu haben. Das Bundesgesundheitsministerium hat nun offenbar Anzeige erstattet.
Das haben Recherchen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung ergeben. Ermittelt wird demnach in mehreren Bundesländern.
Apotheker hatten das Pfizer-Arzneimittel im Februar 2022 kostenlos zur Behandlung Betroffener von der Bundesregierung erhalten, nachdem diese eine Million Packungen eingekauft hatte.
Zu Beginn des letzten Jahres fiel den Beamten in Karl Lauterbachs (60, SPD) Ministerium dann auf, dass einzelne Apotheker deutlich größere Mengen Paxlovid bestellt hatten als benötigt. Teilweise mehr als 1000 Packungen.
Doch so viele Patienten konnte es in einer einzelnen Apotheke gar nicht geben! Das Ministerium witterte einen Betrugsfall und begann die Ermittlungen.
Die Beschuldigten sollen "Paxlovid unter Missachtung der Vorgaben des BMG verkauft und dadurch unterschlagen haben", wie Oberstaatsanwalt Matthias Held auf Anfrage von WDR, NDR und SZ mitteilt.
Mittlerweile habe das Ministerium laut Recherche bundesweit an mehr als 25 Staatsanwaltschaften Strafanzeigen gegen Apotheker versandt.
Paxlovid in Apotheken: Durchsuchungen untermauern Verdacht
Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Korruption im Gesundheitswesen durchforstete in Bayern mithilfe von etwa 60 Polizisten zahlreiche Apotheken in Oberbayern, Mittelfranken, Oberfranken und in der Oberpfalz.
In Berlin wurde in insgesamt sechs Apotheken nach Hinweisen gesucht. Und tatsächlich: Eine Filiale soll 1400 Packungen des Medikaments bestellt haben, eine andere über 1800.
Doch es geht noch krasser: In Frankfurt am Main soll eine Apotheke fast 10.000 Packungen des Corona-Mittels gekauft haben!
"Wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz" wird auch in Hamburg gegen zwei Apotheken-Inhaber ermittelt. Lediglich die Staatsanwaltschaften Darmstadt und Hannover stellten die Verfahren mangels Tatverdacht ein.
In Baden-Baden dagegen wurde bereits vor Weihnachten Anklage gegen einen Apotheker erhoben. Der Verdacht lautet hier Untreue in Tateinheit mit unerlaubtem Großhandelstreiben, da der Mann 1393 Packungen Paxlovid "an nicht ermittelbare Personen im Ausland" verkauft haben soll.
Bund soll rund 650 Euro pro Packung gezahlt haben
Wo die Medikamente letztlich landeten, wissen die Ermittler derzeit noch nicht. Es sei schwierig zu klären, ob die Apotheker Paxlovid illegal weiterverkauft oder lediglich entsorgt haben. "Es gibt keine Vorschrift, dass die Apotheker die Paxlovid-Packungen besonders entsorgen oder das dokumentieren müssten", so ein Ermittler.
Den entstandenen Schaden - allein in der Hauptstadt (!) - schätzte ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft auf etwa drei Millionen Euro. Die Recherchen von WDR, NDR und SZ ergaben außerdem, dass der Bund rund 650 Euro pro Packung bezahlt haben soll, also insgesamt rund 650 Millionen Euro. Diese Summe war bislang ein wohl gehütetes Geheimnis.
Weder der Pharmariese Pfizer noch das Gesundheitsministerium haben zu dem Preis bisher Stellung bezogen. Man beruft sich stattdessen auf Geheimhaltungsklauseln.
Seit dem heutigen Montag startet der bundesweite Verkauf des Medikaments. Künftig wird Paxlovid also von Krankenkassen und nicht mehr vom Bund bezahlt. Eine Packung kostet künftig 1149,19 Euro im Apothekenverkauf.
Titelfoto: Montage: Martin Schutt/dpa, Fabian Sommer/dpa