Von der Angst zur Hoffnung: Wie Sachsen Kriegsopfern hilft
Dresden - Geflüchtete kommen häufig mit schweren Traumata in Deutschland an. Hilfe erhalten sie in Sachsen in den Psychosozialen Zentren. Katja Eisenkolb aus dem Zentrum "Das Boot" berichtet über die tägliche Arbeit und schildert einen besonders anrührenden Fall.
Eine Szene wie aus einem Mafia-Film: Männer sitzen in einem kleinen Café mit Tante-Emma-Laden irgendwo im Irak. Ein Motorrad knattert vorbei, der Beifahrer schießt aus allen Rohren, zwei Männer sterben, darunter der Ehemann von Fatima* (32, Name von der Redaktion geändert).
"Als sie bei uns um Hilfe bat, war sie komplett aufgewühlt, hatte Panikanfälle und Schlafstörungen", erzählt Katja Eisenkolb. Die Ankündigung des Cousins, Fatima heiraten zu wollen und ihre 6-jährige Tochter beschneiden zu lassen, treibt Fatima zur Flucht nach Deutschland.
"Wenn die Leute schon mal hier sind, müssen wir uns auch um sie kümmern", sagt Eisenkolb, "schon allein aus Rücksicht auf die nächste Generation." Fatima erhält zunächst eine medikamentöse Behandlung, unter anderem mit Schlafmitteln. Kollegen erarbeiten ein Tagesgerüst, Hilfspläne.
Das Mantra "Ich sterbe nicht, ich habe nur einen Anfall", hilft ihr. Fatima erholt sich. Eine Beratung wie diese dauert 15 Stunden.
Überwindung von Traumata: "Das Boot" und andere Zentren in Sachsen
Bis zu 450 Fälle bearbeiten die Mitarbeiter von "Das Boot" im Jahr, darunter auch Opfer von Menschenhandel und/oder Kinder.
"Die Erfolgsquote liegt erfahrungsgemäß bei 40 bis 60 Prozent, bei Kriegsopfern bei maximal 20 Prozent", sagt Eisenkolb.
"Das Boot" ist nicht das einzige Zentrum in Sachsen, zwei weitere bieten Hilfe in Leipzig und Chemnitz. Das Sozialministerium unterstützt deren Arbeit seit 2016, in diesem Jahr mit 3,5 Millionen Euro.
Nicht allen Klienten kann geholfen werden. Dresden brachte Fatima Glück. Hier lernte sie ihren jetzigen Mann kennen. Heute arbeitet sie als Putzfrau in einem Hotel.
Mehr Geflüchtete haben einen Job
Die Regionalstelle der Bundesagentur für Arbeit in Chemnitz hat an Arbeitgeber appelliert, mehr Geflüchtete auch ohne weitergehende Deutschkenntnisse einzustellen.
"Wer schnell eine Arbeit hat, selbst im Helferbereich, lernt schneller die deutsche Sprache und sammelt praktische Erfahrungen", so Regionalstellen-Geschäftsführerin Michaela Ungethüm (50). Das wiederum helfe, Arbeitskräfte zu sichern.
Nach der aktuellen Hochrechnung zur Beschäftigung in Sachsen gelingt immer mehr geflüchteten Menschen der Einstieg in den Arbeitsmarkt. Im Januar gingen 27.700 Geflüchtete im Freistaat einer Beschäftigung nach. Ein Jahr zuvor waren es 4600 weniger.
Die meisten von ihnen (23.400) sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Titelfoto: Norbert Neumann