Justizminister Marco Buschmann: Das muss sich beim Asylrecht ändern
Berlin - Im zweiten Teil des großen TAG24-Interviews spricht Justizminister Marco Buschmann (47, FDP) darüber, was sich im Asylrecht ändern muss. Zudem geht er auf die Frage ein, ob auch Deutschland über eine Drittstaatenlösung bei der Migration nachdenken sollte.
TAG24: Was muss sich Ihrer Meinung nach im Asylrecht ändern, damit Deutschland da besser aufgestellt ist – jetzt und in der Zukunft?
Marco Buschmann: Wir sind ein Land, das Menschen in Not helfen möchte, aber auch unsere Möglichkeiten sind begrenzt. Migration muss daher kontrolliert und gesteuert ablaufen, damit sie uns nicht überfordert. Wichtig ist, dass wir gemäß unseren Interessen differenzieren:
Wer arbeiten kann und in der Lage ist, von seiner eigenen Hände Arbeit bei uns nach unseren Gesetzen zu leben, ist uns herzlich willkommen. Denn wir haben einen handfesten Arbeitskräftemangel.
Wer sich in akuter Gefahr befindet, dem müssen wir helfen, solange die Gefahr auch wirklich besteht. Wer jedoch ohne Begründung zu uns kommt, um vom Sozialstaat zu leben, der muss so schnell wie möglich wieder gehen.
TAG24: Was soll hier getan werden?
Buschmann: Wir müssen dafür sorgen, dass Menschen, die kein Recht haben, bei uns zu sein, erst gar nicht zu uns kommen. Insbesondere der Schutz der Außengrenzen der EU ist hier ein wichtiges Thema. Und wir müssen dafür sorgen, dass solche Menschen unser Land schneller wieder verlassen.
TAG24: Und weiter?
Buschmann: Zudem hat die Bundesregierung bereits rechtliche Grundlagen geschaffen, um die Dauer der asylgerichtlichen Verfahren zu reduzieren. Mein Haus arbeitet derzeit an einer weiteren Reform des Verwaltungsprozesses. Ziel ist es unter anderem, Asylprozesse noch weiter zu beschleunigen.
Außerdem haben wir als Koalition den Ländern Instrumente an die Hand gegeben, um ausländische Straftäter zukünftig schneller abzuschieben. Und erst kürzlich hat die Bundesregierung die Ausweisungstatbestände in Fällen von Terrorismusverherrlichung verschärft.
Minister Buschmann: Müssen "mit alten Tabus brechen"
TAG24: Also einfach mal machen?
Buschmann: Genau, und auch mit alten Tabus brechen. Beispielsweise haben wir jahrelang wegen der Gefährdung in Syrien niemanden dorthin abgeschoben. In der Vergangenheit gab es dafür auch gute Gründe.
Doch kürzlich hat das OVG Münster entschieden, dass der Satz in seiner Pauschalität nicht mehr stimmt. Es gibt Landesteile in Syrien, in denen viele Menschen sicher leben. Daher kann man dorthin auch grundsätzlich abschieben. Wir sollten hier alle Spielräume ausnutzen, die uns unser Recht lässt.
TAG24: Was sagen Sie als Justizminister zum Thema Ruanda und der Drittstaatenlösung?
Buschmann: Der Name Ruanda löst immer falsche Assoziationen aus. Es geht vielmehr um die grundsätzliche Idee, Asylverfahren in anderen Ländern durchzuführen, in denen die Durchführung und die menschenwürdige Unterbringung günstiger möglich sind als in Deutschland. Wenn die einschlägigen rechtlichen Standards dabei eingehalten werden, spricht aus meiner Sicht nichts dagegen.
So steht es um die Suche nach einem Drittstaat
TAG24: Und wie findet man solche Länder, wo alle Standards dann passen?
Buschmann: Sie legen den Finger in die Wunde. Das eine sind die rechtlichen Themen. An denen können wir gemeinsam arbeiten. Das andere ist natürlich, dass es ein Land außerhalb der EU braucht, das sich dazu bereit erklärt. Und dieses Land wird nur dazu bereit sein, wenn es am Ende nicht auf den Kosten sitzen bleibt und möglicherweise darüber hinaus noch Vorteile erhält. Das ist aber auch keine völlig unüberwindbare Hürde. Wir haben in Migrationsfragen die Erfahrung gemacht, dass bei vernünftigen Gesprächen auf Augenhöhe beide Seiten profitieren können.
TAG24: Zum Beispiel?
Buschmann: Viele Staaten wünschen sich Arbeitsvisa unter erleichterten Bedingungen für ihre Bürger. Das kann auch in unserem Interesse sein, wenn die betroffenen Personen so qualifiziert sind, dass wir sie gut brauchen können. Das könnte ein Hebel für Win-win-Situationen sein. Aber am Ende ist das eine ganz individuelle Verhandlungssache.
Titelfoto: Christian Kielmann