Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt: Macht Olaf Scholz heute die Grenzen dicht?
Berlin - Am heutigen Mittwoch ist es endlich so weit: Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) lädt zum Flüchtlingsgipfel ins Kanzleramt. Seit Monaten buhlen Länder und Kommunen um dessen Aufmerksamkeit, stoßen sie doch mit Geld und Platz an ihre Grenzen. Während die Länder eine harte Gangart in Aussicht stellten, bekommen sie laut Beschlussvorlage wohl einen Punkt gewiss: ständige Kontrollen an den deutschen Außengrenzen.
"Im letzten Jahr ist auch die Zahl der Geflüchteten aus anderen Staaten in Deutschland deutlich angestiegen. Auch in den ersten Monaten dieses Jahres sind die Zugangszahlen aus Drittstaaten hoch. Aus anderen Staaten als der Ukraine sind sie gegenüber 2019 um ca. 50 Prozent gestiegen", heißt es in einem internen Papier, das TAG24 vorliegt.
Die wohl wichtigsten Punkte: Das federführende Kanzleramt will "Migrationspartnerschaften" mit Herkunftsstaaten knüpfen, steht aber zu seiner humanitären Verpflichtung gegenüber Geflüchteten und will finanzielle Lasten gemeinsam mit den Ländern tragen.
Unter der Überschrift "Maßnahmen für einen besseren Schutz der Grenzen" heißt es außerdem: "Lageabhängig wird der Bund das im Verhältnis zu Österreich bestehende Grenzsicherungskonzept auch an anderen Binnengrenzen Deutschlands etablieren."
Folgen jetzt permanente Kontrollen an den Grenzen zu Tschechien und Polen?
An der österreichischen Grenze finden seit Längerem temporäre und stationäre Kontrollen für alle statt. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (56, CSU) forderte erst auf dem CSU-Parteitag eine ähnliche Regelung für ganz Deutschland.
Das Schengener Abkommen - ein zentraler Bestandteil der EU - verbietet derartiges eigentlich. Doch erst vergangenen Monat verlängerte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (52, SPD) das Abkommen mit Österreich.
Im Laufe des Tages wird sich zeigen, ob dieses sich auch auf etwa die tschechischen und polnischen Übergänge ausweitet.
Dresden-OB Dirk Hilbert schießt gegen seine FDP-Parteispitze
Im Vorfeld des Flüchtlingsgipfels meldete sich auch Dirk Hilbert (51, FDP) zu Wort. Dresdens Oberbürgermeister habe besonders die Haltung irritiert, eine zusätzliche finanzielle Unterstützung seitens der Bundesregierung sei nicht notwendig. Das entspräche nicht "der kommunalen Realität".
Die Unterbringungskosten für Asylsuchende würden sprunghaft steigen, die Reserven an nutzbaren Grundstücken seien längst aufgebraucht. Das schrieb Hilbert in einem Brief an FDP-Chef Christian Lindner (44).
"Ich habe Verständnis, dass die Bundesregierung nicht über unendliche finanzielle Ressourcen verfügt. Was allerdings vergessen wird: Die Kommunen tragen seit Jahren die Hauptlast beim Thema Migration und Asyl", so Hilbert weiter.
Als einziger liberaler OB einer deutschen Großstadt erwarte er von seiner FDP, dass die Nöte der Kommunen nicht weiter kleingeredet werden.
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