Flüchtlinge in Hessen: Verband fordert "Arbeit vor Abschiebung"
Frankfurt am Main - Der Paritätische Wohlfahrtsverband in Hessen fordert von der neuen schwarz-roten Landesregierung statt einer Rückführungs- eine Integrationsoffensive bei Flüchtlingen.
Nicht mehr Abschiebungen, sondern mehr Jobs seien für sie nötig, teilte Migrations- und Flüchtlingsreferentin Lea Rosenberg der Deutschen Presse-Agentur mit.
"Um seinen Wohlstand auch nur annähernd zu halten und zukunftsfähig zu werden, braucht Hessen deutlich mehr Zuwanderung in den Arbeitsmarkt sowie massive Investitionen in die öffentliche Infrastruktur", ergänzte sie.
Im Koalitionsvertrag der neuen Wahlperiode heißt es: "Wir starten eine echte Rückführungsoffensive und werden Ausreiseverpflichtungen konsequent und mit allen rechtsstaatlichen Möglichkeiten durchsetzen."
Hintergrund ist die Debatte über die Belastung von Kommunen bei der Aufnahme teils vieler Geflohener.
Abschiebungen in Hessen: Forderung nach "Begrenzung im Sinne roter Linien"
Rosenberg forderte mit Blick auf Menschlichkeit und Menschenrechte bei Abschiebungen mindestens eine "Begrenzung im Sinne roter Linien". Ansonsten wären noch massiver besonders schutzbedürftige Flüchtlinge bedroht wie etwa Menschen mit Behinderung, Alleinerziehende, Kinder, Ältere und Kranke.
Die Referentin des Paritätischen Wohlfahrtsverbands ergänzte: "Abschiebungen aus Kitas oder Schulen sollen laut Koalitionsvertrag nur vermieden werden, bleiben damit also nicht ausgeschlossen." Das lehne ihr Verband kategorisch ab.
Viele seiner Pflegeeinrichtungen bäten zunehmend um Hilfe, weil ausländischen Mitarbeitern "die Abschiebung angedroht wird - obwohl gerade im Gesundheitswesen und in der Pflege der Arbeits- und Fachkräftemangel unstrittig seit Jahren akut ist". Hier fordere der Wohlfahrtsverband ein klares Bekenntnis zum Grundsatz "Arbeit vor Abschiebung".
Der Geschäftsführer des Hessischen Flüchtlingsrats, Timmo Scherenberg, kritisierte, dass Flüchtlinge in der Erstaufnahmeeinrichtung derzeit in ihren ersten neun Monaten und künftig im ersten halben Jahr nicht arbeiten dürften.
Sicherlich müssten sie oft erst "fit gemacht werden für den deutschen Arbeitsmarkt". Aber viele seien höchst motiviert. "Mit dem langen Warten macht man die Leute mürbe und zerstört viel Potenzial", sagte Scherenberg.
Titelfoto: Boris Roessler/dpa